34 Tage Madagaskar
5 Wochen lang entdeckten wir Madagaskar – ein tropisches Land zwischen Afrika und Asien. Allerdings haben wir in dieser Zeit längst nicht jede Ecke der exotischen Insel gesehen, denn deren Länge ist beträchtlich und misst 1600 Kilometer.
Die Grösse von knapp 600 Quadratkilometern entspricht etwa der Fläche von Spanien und Portugal. Die viertgrösste Insel der Welt – nach Grönland, Neuguinea und Borneo – liegt im Indischen Ozean, wie ein langer Teppich, rund 400 Kilometer vor der Ostküste Afrikas. Eine Gebirgskette teilt den riesigen Inselstaat in zwei Hälften und sorgt dafür, dass der Osten feucht und fruchtbar und der Westen sehr trocken ist. Zwischen 800 und 1500 Metern Höhe breitet sich ein Hochplateau aus; der mit 2876 Metern höchste Berg des Landes erhebt sich im Inselnorden. Doch so hoch wollten wir nicht hinaus…
Gereizt hat uns Madagaskar vor allem wegen der eigentümlichen Tierwelt mit ihren Lemuren und Chamäleons, die schliesslich auch DAS Highlight der Reise waren. Allerdings war es neben den tierischen Glücksmomenten auch der vielfältige Mix, der es ausmachte: hügeliges Hochland mit grünen Reisterrassen, reizvolle Felslandschaften und Gebirgszüge, weitläufige Savannen, immergrüne Regenwälder, dornige Trockenvegetation mit mächtigen Baobabs, Meer und Strand, Unterwasserwelten mit Walhaien, die Menschen und der Einblick in deren Alltag sowie das gemächliche Unterwegssein auf wuseligen Strassen, abgelegenen Pisten und einem Fluss. Drei Wochen waren wir in einem wohlbehüteten Rahmen unterwegs, auf einer geführten Gruppentour mit allen Vor- und Nachteilen, und im Anschluss verbrachten wir auf der vorgelagerten Insel Nosy Be eine erholsame Zeit am Strand – ganz in unserem eigenen Rhythmus in Zweisamkeit.
Viel wussten wir vor Ankunft nicht über Madagaskar, auch stand das Land nicht zuoberst auf unserer Wunschliste. Es war fast etwas Zufall oder Schicksal, dass wir hier landeten: ein verlockender Agentenrabatt von Intrepid Tours. Erst waren wir unschlüssig, ob wir eine geführte Reise mit einer international gemischten Kleingruppe wagen wollen – eine für uns als Paar neue Reiseform. „Mutig“ buchten wir kurzentschlossen die dreiwöchige Tour, was sich daraufhin sehr eigenartig anfühlte, waren wir nicht sicher, ob uns das schliesslich zusagt. Da Reisen auf eigene Faust in Madagaskar aber zeitaufwändig und unbequem ist und man ohne Führer sowieso nicht überall hinkommt, sahen wir in einer organisierten Reise durchaus den Vorteil. Das Programm war abwechslungsreich, aber dicht, und wir hätten uns mancherorts etwas mehr Zeit gewünscht. In der Gruppe haben wir uns wohlgefühlt, allerdings wurde uns das ständige Geplapper manchmal etwas zu viel. Ein Volltreffer war unser sympathischer Guide Patrick, der uns mit seiner gelassenen und professionellen Art eine Menge über sein Land mit seinen Leuten erzählen konnte…
Neben Menschen mit afrikanischen Wurzeln gibt es ebenso viele asiatischer Herkunft, was uns vorab nicht bewusst war. Als erstes wurde Madagaskar von Seefahrern aus Indonesien besiedelt, später auch von anderen Asiaten und Afrikanern, und so kam es, dass heute verschiedene Volksgruppen die Insel besiedeln. Ein bunter kultureller Mix mit gemeinsamer Sprache, dem Malagasy, das dem Indonesischen abstammt. Daneben ist die ehemalige Kolonialsprache Französisch offizielle Amtssprache, aber vorwiegend in der gebildeten Bevölkerungsschicht verbreitet. Seit 1960 ist Madagaskar unabhängig, und in den Städten wird teilweise auch etwas Englisch gesprochen. Etwa die Hälfte der 28 Millionen Madagassen bekennt sich zu traditionellen Religionen, 40 Prozent sind Christen und der Rest Muslime. Ahnenkult, Bräuche und Mythen spielen eine wichtige Rolle im täglichen Leben, ebenso sogenannte Fadys: Regeln und Tabus.
Die Menschen machten auf uns einen gastfreundlichen und aufgeschlossenen Eindruck – wir verschenkten und ernteten zahllose Lächeln. Die Frauen zähmen ihr krauses Haar mit zu feinen Zöpfchen geflochtenen Frisuren, die manchmal wie richtige Haarkunstwerke anmuten. Überall winkten uns Kinder aufgeregt zu, ihre Hände häufig bettelnd ausgestreckt. Madagaskar zählt zu den ärmsten Ländern der Welt, verfügt aber über Bodenschätze. Leider haben nicht alle Kinder in diesem Land die Chance auf Bildung, was letztlich die Zukunft ändern könnte. Schule und medizinische Versorgung kosten, auch für die Ärmsten, die sich das oft nicht leisten können. Ein Grossteil der Bevölkerung betreibt Landwirtschaft. Angebaut und exportiert werden Reis, Vanille, Kaffee, Tee, Zuckerrohr, Gewürze, Kakao und Erdnüsse.
Wir waren im November/Anfang Dezember im Land, in der Nebensaison, zu Beginn der schwülheissen Regenzeit. Es regnete aber glücklicherweise kaum und wenn, dann vorwiegend abends und nachts. Im feuchten Osten Madagaskars fällt teilweise zehnmal so viel Regen wie im trockenen Westen. Wir würden wieder zur selben Jahreszeit reisen, bekommen im September und Oktober die meisten Lemuren ihren süssen Nachwuchs, und Touristen gibt es dann wenig. Auch passte es im Norden bei Nosy Be mit der Walhaisaison, die von Ende September bis Anfang Dezember dauert. Als beste Reisezeit hingegen gilt die Trockenzeit von Mai bis Oktober. Das sind die kühlsten Monate, angenehm für die tropische Küste und die vorgelagerten Inseln, allerdings kann es dann im Hochland empfindlich abkühlen, insbesondere in der Nacht. Die Temperaturen lagen bei uns zwischen 20 und gut 30 Grad tagsüber. Langärmelige Kleidung hatten wir fast vergebens dabei…
Transport
Mit der Gruppe waren wir 22 Tage unterwegs, entweder mit privatem Kleinbus, Jeeps oder Boot. Nur ein kleiner Teil der Strassen ist asphaltiert, ansonsten handelt es sich um Schotter- oder Sandpisten. Der bedauernswerte Strassenzustand – auch der geteerten Nationalstrassen – zog unsere sowieso schon langen Reiseetappen unverhältnismässig in die Länge. Schlaglöcher und klaffende Risse in der Fahrbahn sind „normal“, schmale Strassen auch. Mittelstreifen und Sicherheitslinien fehlen meistens, Verkehrsschilder ebenso. Mehr als ein Durchschnittstempo von etwa 30 Kilometern pro Stunde erreichten wir selten, ganz nach der madagassischen Redewendung „Mora mora“: langsam langsam oder immer mit der Ruhe. Öffentliche Verkehrsmittel benutzten wir keine, von zwei Inlandflügen mit Air Madagaskar einmal abgesehen. Wer viel Zeit und Geduld mitbringt und beengende Platzverhältnisse nicht scheut, kann Madagaskar günstig mit öV bereisen. Mit den sogenannten Taxi-Brousses, wie sich die kleinen öffentlichen Überlandbusse nennen, verringert sich das Tempo noch einmal, halten die oft klapprigen Vehikel zum Be- und Entladen immer wieder an und fahren erst ab, wenn sie voll besetzt sind. Auf Nosy Be waren wir jeweils mit einem dreirädrigen motorisierten Taxi unterwegs, einem Tuk-Tuk, was für 1 Fahrstunde hin und zurück, inklusive Wartezeit, umgerechnet 20 Franken kostete. In Städten wird der Nahverkehr zudem mit Fahrradrikschas abgewickelt, wofür wir etwa 1 Franken pro Person bezahlten… Insgesamt legten wir rund 3000 Kilometer auf der Strasse zurück, was etwa 100 Stunden Fahrt entsprach.
Unterkünfte
In Städten und touristischen Orten gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Unterkünften, in abgelegenen und weniger besuchten Regionen ist die Auswahl jedoch bescheiden. Auf der Rundreise übernachteten wir vorwiegend in eher kleinen, einfachen Unterkünften – eine Art Standard, die wir auch selbst wählen würden und wo wir uns wohlfühlen. Manchmal waren die Hotels hübsch und anheimelnd, manchmal schlicht und abgewohnt, aber meistens sauber. Während einer Rivercruise campierten wir zweimal in Zelten auf Sandbänken, ohne weitere Infrastruktur, nur mit Buschklo – der Luxus lag im abgeschiedenen Ambiente und der Lagerfeuerromantik. Für unsere entspannten Inseltage auf Nosy Be liessen wir uns in einer kleinen, aber feinen Strandlodge nieder, gönnten uns einen geschmackvoll eingerichteten Bungalow der Mittelklasse und schätzten die vielen Sitz- und Liegemöglichkeiten mit berauschendem Meerblick… Das Preisniveau unserer Unterkünfte lag bei etwa 40 bis 160 Franken pro Zimmer und Nacht inklusive Frühstück. Insgesamt übernachteten wir an 13 verschiedenen Orten, was durchschnittlich 2.5 Nächte pro Ort ergibt.
Essen und Trinken
Das Grundnahrungsmittel ist Reis, dass viele Madagassen dreimal täglich in unglaublich grossen Mengen verdrücken und auch auf keiner Speisekarte fehlt. Die Küche ist eher fleischlastig, meistens gab es Zebu-Rind, Huhn oder Fisch. Neben Reis sind weitere mögliche Beilagen Kartoffeln, Maniok, Linsen, verschiedene Gemüse und Salate. In touristischen Restaurants waren häufig auch Suppen oder Pasta im Angebot. Generell ist die madagassische Küche eher mild und war für uns selten ein kulinarischer Höhenflug. Gewürze werden spärlich verwendet, Nachsalzen ist meistens nötig. Zum Frühstück servierte man uns stets Eier und Weissbrot, häufig federleichte Baguettes, manchmal zusätzlich süsses Gebäck oder Joghurt. Fast immer gab es dazu reife Tropenfrüchte oder frische Fruchtsäfte, was nach unserem Geschmack das Leckerste auf dem Morgentisch war. Tee und Kaffee wird gleichermassen getrunken, Alkohol vor allem in Form von lokalem Bier oder selbstgebranntem aromatisierten Rum. Leitungswasser ist für ausländische Mägen unverträglich, Trinkwasser jedoch überall und günstig zu kaufen… Ein Gericht in einem einfachen Touristenlokal kostete zwischen 2 bis 8 Franken, sämtliche Getränke inklusive alkoholische Drinks knapp 1 bis 3 Franken. Für einen Snack aus einer Garküche, z.B. gebackene Bananen oder Samosas, bezahlten wir pro Portion (5 kleine Stücke) nur 25 Rappen. Eine grosse Flasche Wasser war im Supermarkt für 50 Rappen zu haben.
Natur und Nationalparks
Vollkommen abgeschnitten vom Rest der Welt, ging die Natur in Madagaskar ihren eigenen Weg. Angefangen hat alles vor Millionen Jahren, als eine riesige Landscholle auseinanderbrach und sich die Kontinente bildeten, wie wir sie heute kennen. Afrika driftete in die eine Richtung, Indien in die andere. Und ein verwaistes Stück Land dazwischen blieb einige Hundert Kilometer vor der ostafrikanischen Küste liegen. Die isolierte Lage bestimmte Madagaskars Schicksal, und im Laufe von Jahrmillionen entwickelte sich hier ungestört eine ganz eigene und besondere Welt. Rund 80 Prozent der Tier- und Pflanzenarten sind hier endemisch, kommen also nur hier vor. So auch die meisten Arten der majestätischen Baobabs, die mit ihren einzigartig geformten Stämmen die trockenen Landstriche schmücken. Zu entdecken ist der natürliche Reichtum heutzutage vorwiegend in zahlreichen Naturreservaten, die in verschiedenen Regionen verschiedene Lebensräume schützen. Von knapp dreissig Nationalparks haben wir gerade mal vier besucht, zusätzlich ein paar kleinere Schutzgebiete. Das Eintrittsgeld beträgt zurzeit zwischen 10 bis 14 Franken pro Person und Tag – die Einheimischen bezahlen einen Bruchteil davon. Alle Nationalparks dürfen nur mit offiziellen Parkführern erkundet werden.
Tierwelt
Berühmt ist das Land vor allem wegen der hinreissenden Lemuren, die in freier Wildbahn nur hier und auf ein paar benachbarten kleinen Inseln vorkommen. Bis vor etwa 2000 Jahren der Mensch auf Madagaskar auftauchte, lebten die kleinsten Primaten der Welt wie im Paradies. Heute sind sie vom Aussterben bedroht, weil ihr Lebensraum erschreckend schwindet. Die Wälder, die einst fast die ganze Insel bedeckten, wurden von der armen Bevölkerung zu einem grossen Teil abgeholzt, um zu überleben. Inzwischen sind nur noch etwa 20 Prozent der Insel von Wald bedeckt, der Rest ist „kahl“ und wird landwirtschaftlich genutzt. Noch gibt es über 100 verschiedene Lemurenarten, in allerlei Grössen: Der Grösste ist der Indri, der mit einer Körpergrösse von rund 80 Zentimeter bis zu 10 Kilogramm wiegt, und der kleinste ist der Mausmaki mit gerade mal 30 Gramm Körpergewicht. Wie bereits verraten, waren die putzigen Lemuren für uns die Stars der madagassischen Tierwelt. In verschiedenen Naturschutzgebieten konnten wir verschiedene Lemurenarten beobachten, manchmal aus nächster Nähe. Ihr Fell so flauschig und die Kulleraugen herzerwärmend, hätte ich diese plüschig anmutenden Feuchtnasenaffen am liebsten geknuddelt. Stundenlang schauten wir diesen verspielten Geschöpfen voller Begeisterung beim Herumturnen und Fressen zu. Auch faszinierten uns die gut getarnten Chamäleons, die wir manchmal sogar in Hotelgärten entdeckten, wo sie wie in Zeitlupe ruckelnd über feine Äste balancierten. Rund 80 verschiedene Arten Chamäleons kommen in Madagaskar vor – die Hälfte aller Arten weltweit. Ihre Zungen sind verblüffend lang, doppelt so lang wie der Körper, und schnellen auf Jagd nach Insekten blitzartig vor und mitsamt Beute wieder zurück. In Madagaskar leben keine gefährlichen Tiere, auch alle vorkommenden Schlangenarten sind für Menschen harmlos.
Finanzielles
In Handumdrehen waren wir Millionäre. Die madagassische Währung heisst Ariary und ist nicht viel wert: Schon für 200 Euro kriegten wir 1 Million. Der grösste Geldschein ist 20’000 Ariary wert, was zurzeit rund 4 Franken entspricht, der kleinste, der 100 Ariary-Schein, umgerechnet nur ein paar Rappen. Unsere Bündel an Noten waren somit stets entsprechend dick. Es ist möglich, die Lokalwährung an Geldautomaten zu beziehen. Der maximale Bezugswert entspricht jedoch nur rund 100 Franken, und die anfallenden Gebühren sind somit verhältnismässig hoch. Deshalb bevorzugten wir, im Hotel in Antananarivo reichlich Euros zu einem guten Wechselkurs umzutauschen. Das Bezahlen mit Kreditkarte ist nicht weit verbreitet oder scheitert häufig wegen schlechter Internetverbindung. In Nosy Be werden an vielen Orten auch Euros akzeptiert, am Flughafen zu unserer Verwunderung sogar ausschliesslich: Unsere letzten Ariarys wurden an der Ladentheke am Gate vehement abgelehnt. Wir hätten auch das Doppelte bezahlt, doch der Bestechungsversuch klappte erstaunlicherweise nicht. Unsere Rettung war die Klofrau, die uns die Scheine in Euro-Münzen umtauschen konnte. So kamen wir letztendlich vor Abflug noch zu Trinkwasser, denn Bezahlen mit Kreditkarte war auch keine Option…
Liebe Christine, lieber Trio (Roland)
Mit Freuden lese ich jeweils eure spannenden Reiseblogs mit den wunderschönen Bildern umrahmt. Vielen Dank fürs Teilen!
Ich hoffe, es geht euch beiden gut.
Herzliche Grüsse aus Zuzwil,
Barbara
Vielen Dank für dein Kompliment, liebe Barbara. Gerne teilen wir unsere Reiseerlebnisse. Mit Ausblick auf unser nächstes Abenteuer geht es uns gut!
Herzliche Grüsse, Trio und Christine
Liebe Christine, lieber Roland
Einmal mehr ein so spannender Bericht und super geschrieben. Es ist, wie wenn man mitreisen würde. Danke fürs Teilen.
Ja, Madagaskar würde uns bestimmt auch gefallen. Und schon ist wieder eine neue Destination auf unserer Wunschliste gelandet.
Liebe Grüsse, Reni und Marcel
Hallo ihr Lieben, herzlichen Dank für das Kompliment. Es freut uns, wenn ihr immer mal wieder ein Stück mit uns mitreist… :-) Madagaskar war wunderbar und wir liebäugeln schon mit einer zweiten Reise, denn schliesslich haben wir den Norden noch nicht gesehen.
En liebe Gruess Christine & Roland
Thanks for the virtual trip back to Madagascar… a fabulous summary and gorgeous photos… we’re about to head into winter here, so it was superb to remember the warmth.
Thanks for sharing.
Hope you’re both well, Chris and Roland
Jo
Dear Jo, thank you so much for visiting our blog. We’re glad you like the travel stories and pictures. We often think back to the wonderful time in Madagascar – and who knows, maybe one day we will also explore the north of this huge country.
Best wishes to Australia… Christine & Roland