65 Tage Neuseeland
Gute 9 Wochen erfuhren wir Neuseeland – rollten auf der anderen Seite des Erdballs, der Heimat zwölf Stunden voraus. Nach vielen Monaten in asiatischen Gefilden, tat uns ein Szenenwechsel gut. Der neue Kontinent und Umstieg auf eigene vier Räder hat uns einen regelrechten Energieschub verliehen. Der Reiz für uns war das unabhängige Unterwegssein und das Camperleben, kombiniert mit ausgedehnten Wanderungen auf eigene Faust. Wir lieben Neuseeland, das vor Naturreichtum nur so strotzt. Die Vielfalt auf verhältnismässig kleinem Raum ist gross – wildromantische Küstenabschnitte, goldfarbene Sandstrände, spiegelglatte Gewässer, schneebedeckte Berge und Gletscher, märchenhafte Urwälder und einen von Vulkanen umgebenen Hexenkessel.
Neuseeland ist fast siebenmal so gross wie die Schweiz – die gesamte Längenausdehnung der Nord- und Südinsel misst rund 1500 Kilometer. Am „Feuerring“ des Pazifiks gelegen, wird man stets an die vulkanisch wirkenden Kräfte erinnert. Dass im Erdinnern noch einiges los ist, zeigt sich vielerorts an der Oberfläche anhand heisser Quellen oder gelegentlichen Erdbeben. Auch eiszeitliche Gletscher prägten das Land und haben in Form von Fjorden und Seen sichtbare Spuren hinterlassen. Wasser ist allgegenwärtig – lauschten wir nicht dem Tosen des Ozeans, weilten wir bestimmt an einem Fluss oder See. Die verschiedenen Gewässer faszinierten uns völlig – meist sind sie glasklar und schimmern bei Sonnenlicht zauberhaft in unterschiedlichen Blau- und Grüntönen.
Immer wieder klagten die aufgeschlossenen Kiwis über einen schlechten Sommer. Doch Aotearoa – so nennen die Maoris ihr Land – verschaffte seinem Namen selten alle Ehre. Das „Land der weissen Wolke“ beglückte uns oft mit Sonnenschein, nur hin und wieder erlebten wir einen grauen oder regnerischen Tag. Aber das Thermometer knackte selten hochsommerliche Werte und vielfach pfiff uns heftiger Wind um die Ohren. Die Abende konnten wir leider nur selten im Freien ausklingen lassen – wenn uns nicht kühles Wetter einen Streich spielte, waren es abermals gierige Insekten.
Gefahrene Strecke
Insgesamt legten wir 6170 Kilometer zurück – 3360 Kilometer auf der Nordinsel und 2810 Kilometer auf der Südinsel. Bei einer Fahrzeugmiete von 57 Tagen ergibt dies einen Durchschnitt von 108 Kilometern pro Tag. Auf beiden Inseln waren wir je 4 Wochen auf Achse. Die Fahrstrecken entlang zerklüfteter Küsten oder durch Gebirgslandschaften sind häufig eng, steil und äusserst kurvenreich, trotzdem beträgt die Höchstgeschwindigkeit selten unter 100 Stundenkilometer. Neuseelands Strassen sind – zumindest in den Sommermonaten – richtiggehend mit Campervans und Motorhomes übersät… Ein Liter Benzin kostete uns zwischen 1.75 und 2.35 Neuseeländische Dollar, was 1.30 bis 1.75 Franken entsprach – Diesel ist rund ein Drittel günstiger.
Übernachtungen
Von 64 Nächten steckten wir insgesamt 8 Nächte in einem Hotel – vor und nach unserem rollenden Abenteuer. Die restlichen 56 Nächte schliefen wir in unserem fahrbaren Daheim auf einem Campingplatz. An 46 verschiedenen Orten verbrachten wir jeweils 1 bis 5 Nächte, oftmals jedoch nur eine einzige. Da wir unsere – viel zu kurze – Zeit möglichst ausnutzen und verschiedene Ecken der beiden Inseln entdecken wollten, verweilten wir meistens nicht lange am selben Spot. Und wenn doch, weil wir eine Tageswanderung unternahmen oder wegen launischem Wetter ausharrten.
Campingplätze
Für Campingplätze bezahlten wir für uns beide zwischen 16 bis 65 New Zealand Dollar pro Nacht, was umgerechnet 12 bis 49 Franken entsprach. Auf den teureren Plätzen konnten wir unseren Campervan an Elektrizität anschliessen, Trinkwasser auffüllen und schmutzigen Klamotten einen Schleudergang verpassen. Die Duschen fliessen heiss, wofür gelegentlich mit Münzeinwurf noch extra bezahlt werden muss. Nicht selten stehen Wohnmobile auf verhältnismässig kostspieligen Stellplätzen dicht an dicht, manchmal fast wie auf einem Parkplatz… Auf den günstigen, schlichten Campingplätzen vom DOC, dem Department of Conservation, mussten wir uns meistens mit einem Plumpsklo und kalt fliessendem Wasser begnügen. Dafür wurden wir mit einem wundervollen Fleck Natur entschädigt – unser Lieblingsplatz ist der malerisch von Bergen umrahmte Moke Lake auf der Südinsel.
Verpflegung
Es kam uns gelegen, auf unserer Reise einst wieder selber den Kochlöffel zu schwingen und uns aus einem gefüllten Kühlschrank zu verköstigen. Gerne nutzten wir auch die praktische Mikrowelle, die aber nur funktioniert, wenn der Campervan Strom aus einer Steckdose saugen kann. Während unserer Zeit im mobilen Zuhause lockte kaum eine Mahlzeit in einem Restaurant, von einem Cappuccino und einen süssen Happen einmal abgesehen. Gelegentlich besuchten wir eines der anheimelnden Cafés, die erstaunlicherweise meist bereits im Verlaufe des Nachmittags schliessen. Nicht so die grossen Supermärkte, welche sieben Tage die Woche von frühmorgens bis spätabends ihre Tore offen halten – oft fühlt es sich an wie in einem gigantischen Eisschrank. Neuseeland ist kein günstiges Pflaster, vor allem bei Obst und Gemüse fiel uns die Kinnlade vielfach runter. Fleisch hingegen ist im Vergleich zur Schweiz bereits für ein Kleingeld zu erwerben.
Wandern und Nationalparks
Neuseelands herrliche Natur ist ein ausgedehntes Wanderparadies. Die Möglichkeiten sind unüberschaubar und reichen von einer halben Stunde bis über mehrere Tage. Wir bevorzugten, die Wanderschuhe jeweils für einen halben oder ganzen Tag zu schnüren. Die Pfade sind meistens gut gewartet und ausgeschildert, nebenbei hilfreich sind die Broschüren und Pläne vom DOC. Bei Küstenwanderungen sind gewisse Abschnitte bei Flut nicht passierbar und somit ist es ratsam, die Gezeiten zu beachten, was für uns ungewohnt und eine neue Erfahrung war. Insgesamt 14 Nationalparks und zahlreiche weitere Schutzgebiete nehmen rund einen Drittel der Landesfläche ein. Deren Besuch ist zu unserer Verwunderung kostenlos – nicht wie in anderen Ländern, wo Kassenhäuschen einem anhalten, um Eintrittsgebühren zu entrichten.
Aufgefallen
Wohnhäuser liegen in der Regel etwas von einer Fahrbahn zurückversetzt. Davor fällt ein grosszügiger Garten und ganz vorne an der Strasse ein Briefkasten ins Auge. Häufig auf einem Holzpfahl thronend, meist allein auf weiter Flur, doch gelegentlich von weiteren Exemplaren umgeben. Keiner ist gleich wie der andere, ein bunter zusammengewürfelter Haufen. Dem Ideenreichtum sind keine Grenzen gesetzt – die lustigen Modelle reichen von Vogelhäuschen bis zu ausgedienten Mikrowellengeräten. Immer wieder entlockten uns die fantasievollen Briefkästen ein Schmunzeln…
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