Auf dem Allalinhorn – ein Viertausender bei Saas-Fee
Dort oben thront es, das Allalinhorn. Der Hausberg von Saas-Fee. Ein Viertausender. So hoch wollen wir hinaus. Ab ins Hochgebirge, wo ganzjährig Schnee liegt. Mit Steigeisen und angeseilt. Ob ich das schaffe? Ehrfürchtig gucken wir von unserem Balkon in die unmittelbar vor uns aufragende Walliser Bergwelt mit ihren Eisriesen und dem Feegletscher. Rechts vom Allalinhorn erhebt sich der Alphubel, ein weiterer Viertausender. Auch sein weisses Schneekleid glänzt in der Morgensonne, zerzauste Wolken wandern langsam über den tiefblauen Himmel. Die Ferienwohnung liegt am Rande des autofreien Dorfes, unmittelbar an der Skipiste. Schnee liegt hier unten im Saastal jetzt allerdings nicht. Es ist Ende Juni, und die Wiesen blühen. „Unten“, das ist auf immerhin 1800 Metern Höhe…
Erste Wanderung auf den Hannig
Motiviert schnüren wir die Wanderschuhe und marschieren los. Eine erste Tour zum Warmlaufen. An den blühenden Wiesen vorbei, führt der Wanderweg in ein Stück Wald und weiter bergan über Stock und Stein. Die Vormittagssonne wärmt, der stramm wehende Wind ist frisch. Böen ziehen eine Staubfahne hinterher, die Erde ist völlig ausgetrocknet. Immer mit dabei: der sagenhafte Blick auf den Gletscher und die mächtigen Berge. Nach zwei Stunden erreichen wir unser heutiges Ziel, den Gipfel des Hannig auf 2336 Metern Höhe. Hungrig zücken wir die frischen Brötchen aus der Bäckerei aus dem Rucksack. Während wir Schmausen geniessen wir die Aussicht am Fusse der Mischabelkette, der auch das Allalinhorn und der Alphubel angehören. Der höchste Gipfel dieses Bergmassivs ist jedoch der Dom, der mit 4545 Metern höchste Berg, der vollständig auf Schweizer Boden liegt.
Bequem wollten wir mit der Bahn zurück ins Tal gondeln, aber dieser Plan geht nicht auf. Wegen des starken Windes fährt die Gondelbahn heute leider nicht. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns zu Fuss auf den Heimweg zu machen. Ernüchtert wählen wir den direkten Weg nach Saas-Fee hinunter, der immerhin nicht ganz so steil ist, wie befürchtet. Auf halbem Weg kommen wir am idyllisch gelegenen Bergrestaurant Alpenblick am Rande eines knorrigen Waldes mit Lärchen und Arven vorbei. Daheim angelangt, gönnen wir uns nachmittags im Liegestuhl auf dem Balkon eine Portion Sonne, bevor sich diese schon um sechs Uhr hinter hohe Bergkämme verabschiedet. Das Allalinhorn hingegen kann sich bis abends um neun im Sonnenlicht räkeln.
Am nächsten Tag ist das Wetter lausig, es ist nass. Das Allalinhorn und der Alphubel verbergen sich hinter einem grauen Wolkenvorhang. Geduldig warten wir ab, doch es kommt nur noch schlimmer. Draussen schüttet es kräftig, als wir mittags in einem behaglichen Café sitzen und uns den Tag mit Kaffee und Kuchen versüssen. In der hohen Bergwelt oben schneit es. Unsere geplante Hochgebirgstour auf das Allalinhorn muss warten. Aus Sicherheitsgründen soll der Vortag niederschlagsfrei sein. Beim Aufstieg über die Normalroute ist das Allalinhorn einer der einfachsten Viertausender der Alpen und auch ohne hochalpine Erfahrung zu meistern, sofern man für die vierstündige Tour einen Bergführer engagiert, genügend fit und trittsicher ist. Diese Voraussetzungen erfüllen wir – hoffentlich.
Die Gletscherwelt der Längfluh
Anderntags hat sich das Wetter beruhigt und wir klettern morgens in die Gondelbahn, die uns auf den Spielboden auf 2448 Höhenmeter trägt. Von dort stiefeln wir aufwärts, dem Gletscher entlang. Eine karge Landschaft aus Stein und Geröll. Eine Stunde später kommen wir auf der Längfluh auf 2870 Metern an. Noch sind wir ganz allein hier oben, am Rande des gewaltigen Feegletschers. Seine grauweisse Oberfläche ist zerfurcht, tiefe Spalten tun sich bedrohlich unter uns auf. Was für ein spektakulärer Ausblick. Beschwingt strolchen wir durch das felsige Gelände, rund um die Gletscherseen herum, wo sich im glatten Wasser Bergketten spiegeln. Faszinierend. Wir können uns kaum sattsehen. In der Mittagspause himmeln wir das Allalinhorn an, dem wir schon ein ganzes Stück nähergekommen sind. Ist es vielleicht morgen soweit? Ich bin schon etwas kribbelig, wenn ich daran denke. Aber warten wir einmal den Anruf der Bergsteigeragentur ab.
Mit der Seilbahn schweben wir hinunter, zurück auf den Spielboden. Der Spielboden ist die Heimat von Murmeltieren. Wir hoffen, auf dem Murmeli-Rundweg ein paar dieser putzigen Tiere anzutreffen. Tatsächlich sichten wir mehrere Murmeltiere. Sie sind riesig und manche sogar richtig zutraulich. Man darf sie mit Karotten verwöhnen – auch wir haben etwas Futter für sie mitgebracht.
Hoch hinaus – aufs Allalinhorn auf 4027 Höhenmetern
Der Wecker schrillt. Es ist erst halb sechs Uhr in der Früh. Nervös schlagen wir die Bettdecke zurück und ziehen den Vorhang auf. Unser erster Blick gilt der Bergwelt. Der Himmel ist klar, nur mit vereinzelten Wölkchen durchzogen. Heute ist es soweit. Ich bin aufgeregt. Kurz vor sieben treffen wir uns mit unserem Bergführer an der Talstation der Felskinn-Bahn. Daniel ist ein waschechter Walliser, und wir müssen uns konzentrieren, seinen ausgeprägten Dialekt zu verstehen. Die Seilbahn ist voller Frühaufsteher, alle in Bergschuhe und Wanderklamotten gehüllt. In Felskinn auf 3000 Metern steigen wir in die Metro Alpin um. Die Standseilbahn rast im Eiltempo durch den Felstunnel – es sei die höchste U-Bahn der Welt. An der Endstation Mittelallalin ausgespuckt, ist es acht Uhr. Wir stehen auf 3500 Metern, mitten im Sommerskigebiet, das aber erst ab Mitte Juli offen ist. Bereits sind überraschend viele Wolken aufgezogen, auch dunkle Schwaden, die normalerweise nichts Gutes verheissen. Aber die Sonne scheint, und es ist verhältnismässig warm.
Daniel hilft uns, die Steigeisen und den Klettergurt zu montieren, denn damit haben wir überhaupt keine Erfahrung. Mein Herz schlägt schon etwas rascher. Schuld ist wahrscheinlich ein Gefühlscocktail aus Vorfreude, Respekt und Versagensangst sowie die stolze Höhe. Dann laufen wir los, ebenaus über die Skipiste. Als es steiler wird, seilt Daniel uns an. Der sportliche Walliser ist seit zwanzig Jahren Bergführer aus Leidenschaft. Seine Handgriffe sitzen, für uns ist alles neu. Es ist das erste Mal, dass wir eine geführte Hochgebirgstour unternehmen. Bald aber gewöhnen wir uns an die Steigeisen und das Gehen am Seil, in der einen Hand einen Wanderstock. Daniel stapft voraus, langsam Schritt für Schritt bergauf. Und wir trotten hinterher: ich in der Mitte, Roland am Schluss. Die Luft ist dünn, das Atmen fällt schwerer als im Tal, obwohl wir in gemässigtem Tempo unterwegs sind. Aber wir fühlen uns gut und es gelingt uns bald, in einen Rhythmus zu kommen. Über hohe Schneefelder an tiefen Gletscherspalten vorüber, erklimmen wir Meter für Meter. Was für eine eindrucksvolle Welt aus glitzerndem Schnee und Eis.
Nach knapp eineinhalb Stunden erreichen wir einen Sattel, das Feejoch auf rund 3800 Metern. Der heitere Sonnenschein ist inzwischen verflogen, und es fängt leicht zu schneien an. Nur am Horizont ist noch ein blaues Loch auszumachen, wo sich Berggipfel zeigen, ansonsten ist alles grau in grau. Ich seufze und hoffe, die Schlechtwetterfront wird rechtzeitig weggeblasen. Vorerst fischen wir die Regenjacken aus den Tiefen des Rucksacks, ebenso stülpen wir Handschuhe und Mütze über. Umgeben von weiteren Seilschaften, schlürfen wir Wasser und knabbern ein paar Nüsse, um uns für die Gipfeletappe zu stärken. Weiter gehts, stets gemächlich bergauf. Gegen das Ende wird das Gelände jedoch immer steiler und die felsigen Passagen sind vereist. Mit den Steigeisen finden wir aber verblüffenden Halt, schnaubend kraxeln wir in schwindelerregende Höhe. Der Gipfel ist nun zum Greifen nah, noch wenige Meter und wir haben es geschafft. Die letzten Schritte bis zum Gipfelkreuz führen der Krete entlang. Dann stehen wir auf dem Allalinhorn. Sein Gipfel ist 4027 Meter hoch. Atemberaubend – im wahrsten Sinne des Wortes. Ein wohliges Glücksgefühl breitet sich in uns aus. Daniel platziert uns vor dem Gipfelkreuz und schiesst eilig ein obligatorisches Gipfelfoto, dann müssen wir weichen, die nächsten kommen. So viele Bergsteiger haben wir nicht erwartet, zumal es nicht Wochenende, sondern Donnerstag ist.
Beflügelt spazieren wir auf dem kurzen Grat zurück, bis er sich etwas verbreitert, wo wir verschnaufen können. Hände und Füsse sind eiskalt, und wir wärmen uns an einer heissen Tasse Tee aus der Thermoskanne. Auch verdrücken wir ein paar Bissen, nicht weil wir Hunger verspüren, sondern bestimmt Energie benötigen. Was nun noch fehlt, ist, die Aussicht. Der Wetterbericht tönte verheissungsvoll, aber die Witterung ist in den Bergen bekanntlich unberechenbar. Wohin wir auch blicken: Nebel. Auch die einheimischen Bergführer sind erstaunt, dass so rasch düstere Wolken aufgezogen sind. Für einen Moment lichtet sich der graue Schleier ein kleines Stück, und vage zeichnet sich ein Gipfel ab. Doch von einer belohnenden Rundumsicht sind wir weit entfernt, und von den umliegenden Stars wie Matterhorn und Mont Blanc können wir nur träumen. Zugegeben, wir sind betrübt. Damit haben wir nicht gerechnet.
Allzu lange können wir leider nicht abwarten, die Kälte kriecht allmählich in unsere Körper. Langsam steigen wir ab, rund 500 Höhenmeter talwärts. Daniel bildet nun das Schlusslicht, und Roland geht vor mir her. Jetzt am späten Vormittag ist der Schnee schon viel weicher als zu Beginn der Tour, auch wenn von der Sonne nach wie vor jegliche Spur fehlt. Wandern wir an gefährlichen Gletscherspalten vorbei, soll das Seil voll durchgespannt sein, trichterte uns Daniel schon beim Aufstieg ein. In der goldenen Mitte fühle ich mich den beiden Männern oft etwas ausgeliefert, das Seil zieht von vorne und von hinten an meinem Leib, und ich muss achtgeben, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Wir sind schon fast unten angekommen, als es passiert. Plötzlich sinke ich mit einem Schuh tief in den schweren Schnee. Als ich weitergehen will, bewegt sich nichts, mein Fuss ist wie einbetoniert. Was für ein beklemmendes Gefühl. „Zieh stärker“, rät Daniel, aber der „Beton“ gibt nicht nach. Der sympathische Bergführer buddelt von allen Seiten haufenweise Schnee weg und hilft mir tatkräftig aus der misslichen Lage.
Das letzte Stück gehen wir in „Freiheit“, Daniel hat uns abgeseilt. Der Schnee ist sulzig, jeder Schritt anstrengend. Etwa mittags um zwölf sind wir in Mittelallalin zurück. Ausgelaugt, aber happy. Auch ohne Wetterglück war diese Hochgebirgstour ein durchwegs lohnenswertes und eindrückliches Erlebnis, das unvergessen bleibt. Abgesehen von der Aussicht, die fehlte, hat alles gepasst, und wir haben die Herausforderung gut gemeistert. Darauf gilt es anzustossen. Zusammen mit Daniel genehmigen wir uns im Drehrestaurant ein Getränk und prosten uns auf die erfolgreiche Gipfelbesteigung zu. Noch immer müssen wir uns bemühen, sein Walliserdeutsch vollständig zu verstehen. Plötzlich überfällt uns eine Müdigkeit, und es plagen mich Kopfschmerzen. Hunger klopft erst an, als wir später über das Skigebiet Felskinn nach Saas-Fee hinab gondeln. „Im Jahre 1850 ist der Gletscher noch bis ins Tal gekommen“, meint Daniel nachdenklich. „Seither hat er sich ständig zurückgezogen und ist heute schon weit vom Dorf entfernt.“ Das Eis schmilz immer schneller, was auch uns nicht kalt lässt.
Mittelallalin bei Sonnenschein
Anderntags schlafen wir erst einmal aus. Die Berge sind verhangen, wir gehen es ruhig an und gönnen unseren Muskeln eine Pause. Hin und wieder werfen wir aber neugierig einen Blick auf die praktischen Webcams im Internet und stellen spätvormittags fest, dass wir im Nebel hocken, während der Himmel in höheren Lagen blau ist. Kurzentschlossen verlassen wir das Haus und fahren nochmals bis Mittelallin, denn das Ticket ist für den ganzen Aufenthalt gültig. Nur vierzig Minuten Fahrt trennen den Sommer vom Winter, schon stehen wir wieder in der verschneiten Landschaft. Jetzt am Nachmittag hat es hier oben fast keine Leute, dafür Sonnenschein pur. Das Allalinhorn strahlt in voller Pracht, was auch uns ein Lachen ins Gesicht zaubert. Die Wolken geben zwar nicht alle Bergflanken rundherum frei, aber der 360-Grad-Blick ist trotzdem eine Wucht.
Nachdem wir auf der Aussichtsterrasse ausgiebig in alle Himmelsrichtungen gestaunt und fotografiert haben, verziehen wir uns ins runde Lokal. Es ist das höchste Drehrestaurant der Welt, und bis es sich einmal im Kreis gedreht hat, vergeht eine Stunde. Nach einem feinen Essen bestellen wir einen Allalin-Kaffee mit fetter Rahmhaube und stossen zu zweit nochmals auf den bezwungenen Viertausender an. Wir geniessen das himmlische Panorama und erholen uns allmählich von den gestrigen Strapazen. Unsere Gedanken schweifen zurück. Bis vor einem Jahr hatten wir weder etwas vom Allalinhorn gehört noch mit einem Viertausender geliebäugelt. Aber dann schwärmten Freunde davon, und Roland überraschte mich an meinen 50. Geburtstag mit einem Gutschein für die Besteigung. Er wolle mit mir hoch hinaus, aber ich müsse etwas dafür tun, da ich mit fünfzig schliesslich noch nicht zum alten Eisen gehöre…
Vom Hohsaas über den Almageller Höhenweg
Ein neuer Tag erwacht. Es ist Samstag. Für das Wochenende ist die Wettervorhersage blendend. Als wir um sechs Uhr morgens aufstehen, präsentiert sich der Himmel wolkenlos. Mit dem Postauto fahren wir hinab bis Saas-Grund und mit der Gondelbahn über den Kreuzboden bis auf über 3000 Meter hinauf. Kurz nach acht ist es auf dem Hohsaas noch schattig und kalt, und erst wenige Bergler sind auf den Beinen. Durch eine Landschaft aus Fels und Geröll wandern wir langsam aufwärts, Steinmännchen weisen den Weg. Bei einer Sitzbank umarmen uns erste Sonnenstrahlen, die nun zaghaft über einen Bergkamm blinzeln. Entspannt würdigen wir das berauschende Panorama. Von hier oben erblicke man 18 Viertausender, von denen es in den Schweizer Alpen übrigens 48 gibt. Anschliessend folgen wir dem ausgeschilderten Rundweg, dafür benötige man ungefähr eine Stunde. Wir brauchen länger. Bei einem Gletschersee kommen wir – absichtlich – vom Weg ab und entdecken ein idyllisches Plätzchen. Magisch spiegeln sich umliegende Gipfel in einem Bergsee. Ein wahrer Glücksmoment. Wir trinken Tee und schnabulieren einen Znüni. Und vor allem geniessen wir den gutmütigen Bergfrieden.
Da wir heute noch weitere Wanderpläne hegen, reissen wir uns irgendwann los. Die Wegspur bringt uns dem Triftgletscher näher, tiefe Gletscherspalten tun sich vor uns auf. Um halb elf sind wir auf dem Hohsaas zurück, wo sich nun Leute tummeln. Die nächste Gondel trägt uns hinab auf den Kreuzboden, dort folgen wir dem Wegweiser „Almageller Höhenweg“. Dieser führt auf rund 2500 Metern in einem Auf und Ab durch eine unberührte Natur. Oberhalb der Waldgrenze durch blumige Alpwiesen, im späteren Verlauf über grosse Felstrümmer. Hoch über dem Saastal, immer im Blick die Giganten der Mischabelkette mit den höchsten Bergen der Schweiz. Schafe mit langen Hängeohren grasen, ihre Glocken bimmeln vergnügt. Ständig verändert sich der Blinkwinkel; der Almageller Höhenweg ist abwechslungsreich, ganz nach unserem Geschmack.
Auch schmeckt uns Käse, Wurst und Brot am Mittag. Wir picknicken mit Aussicht auf die Almageller Alp, die noch weit unter uns liegt. Auf steilem Pfad bergab, gelangen wir schliesslich auf den Talboden, ein riesiger Kessel. Rot leuchten die Fensterläden des schmucken Berghotels, pink die Blumen, die rundherum blühen. Weiter talwärts, die Julisonne heizt, der schattige Wald kommt uns gelegen. Über den Almageller Erlebnisweg mit Hängebrücken, Leitern und gesicherten Felspassagen trudeln wir nachmittags in Furggstalden ein. Der reizende Weiler oberhalb Saas-Almagell trumpft mit typischen Walliser Häusern auf, aus dunklem Holz und Steindächern errichtet. Mit dem Sessellift gleiten wir ins Tal, das Postauto bringt uns nach Saas-Fee zurück. Ein wunderbarer Tag, eine wunderbare Wandertour – darauf stossen wir mit einem Bier auf unserem sonnigen Balkon an.
Route: Saas-Grund 1560 m – Kreuzboden 2400 m – Hohsaas 3200 m – Triftgletscher – Hohsaas – Kreuzboden – Almageller Höhenweg (höchster Punkt) 2522 m – Almagelleralp 2194 m – Furggstalden 1893 m – Saas-Almagell 1672 m
Monte Moro Pass – an der Grenze zu Italien
Kurz vor acht Uhr fährt das erste Postauto nach Mattmark, auch wir sind an Bord. Bei der Endstation am Mattmark-Stausee auf knapp 2200 Höhenmetern buckeln wir die Rucksäcke und schustern beschwingt dem milchig hellblauen Wasser entlang. Der Schein trügt, das Ende des Sees erreichen wir erst nach einer vollen Stunde. Acht Kilometer sind es rund um den See. Noch wollen wir aber nicht zum Ausgangspunkt zurück, wir schwenken auf den Wanderweg zum Monte Moro Pass ab. Erst leicht bergan über bucklige Wiesen, am Wegesrand wachsen viele Disteln. Beim Tälliboden verschnaufen wir nur kurz, denn es tauchen schon erste Wolken am Himmel auf. Die nächste Etappe ist anstrengend, vor allem für die Beine. Über Felsrücken und mancherorts steinerne Treppen gewinnen wir rasch an Höhe. Man wandert auf einem jahrhundertealten Saumpfad, die Route über den Monte Moro Pass war früher wichtig für Handel und Schmuggel zwischen dem Saastal und Italien. Der Schlussanstieg über grosse Trümmer hat es in sich, Schweiss perlt aus allen Poren.
Endlich geschafft. Auf dem Monte Moro Pass auf 2868 Metern wacht eine grosse goldene Madonna, die in Richtung Italien blickt. Die Statue hat für die Bewohner beidseits des Passes eine Bedeutung, allerdings benötigen die Italiener nicht zwingend Muskelkraft, um ihr nahe zu treten. Eine Gondelbahn führt von der italienischen Gemeinde Macugnaga hinauf; kein Wunder, wehen uns viele italienische Sprachfetzen um die Ohren. Trotz sonntäglichem Gewusel finden wir etwas abseits ein ruhiges Plätzchen, wo wir mittags friedlich unseren Proviant verschlingen. Im Blickfeld das mächtige Monte-Rosa-Massiv, aber leider schon halbwegs in Wolken gehüllt. Es bläst ein frischer Wind, und die Wolken vermehren sich flinker, als uns lieb ist. So machen wir uns an den Abstieg, derselbe Weg retour. Weiter unten ist es wieder sonnig, und die Pause unterhalb der malerischen Moorlandschaft des Tällibodens tut gut. Am anderen Seeufer zieht sich der Weg zurück zum Ausgangspunkt wieder lästig in die Länge. Schliesslich sind wir satte sechs Stunden gewandert und freuen uns auf die Abendsonne im Liegestuhl.
Abschiedstour vom Hannig zum Mällig
Nach einem bewölkten Ruhetag ist er da, der Abreisetag. Nach dem Packen unserer Siebensachen schwebt uns noch eine letzte kurze Wanderung vor: vom Sonnenberg Hannig auf den Mällig. Schon auf der Gondelfahrt trüben erste Wolken die Sicht, an der Bergstation sieht es nicht besser aus. Doch wir sind zuversichtlich, der Wetterbericht war es auch. In Schleifen zieht sich der Wanderweg nach oben, über saftige Alpwiesen bis zum angepeilten Mällig auf 2700 Metern. Von dort schweifen wir noch weiter bis zu einem Aussichtspunkt, wo ein ungemütlicher Wind pustet und wir zum Aufwärmen heissen Tee bechern und abwarten. Alle Geduld nützt nichts, der Blick auf die Bergspitzen und den Gletscher bleiben uns verwehrt, trotz Zuversicht. Etwas enttäuscht steigen wir wieder ab.
„Schau, da vorne, ein Murmeltier in der Wiese“, flüstere ich und hoffe, das fette Geschöpf flüchtet nicht gleich in seinen unterirdischen Bau. Was dann passiert, ist verblüffend. Der zutrauliche Murmel rennt auf uns zu und kommt uns so nah, dass wir sogar ein paar Schritte zurückweichen. Er ist süss, seine Zähne aber spitz. Was hat er wohl im Sinn? Roland versucht, den tierischen Flirt mit der Kamera einzufangen. Schmunzelnd kehren wir zum Hannig zurück. Auch der Sonnenberg kriegt heute kaum Sonne ab, die luftige Sonnenterrasse wirkt nicht einladend. So schlürfen wir eben im Dorf unten einen Kaffee zum Abschied, dort zeigt sich die Walliser Sonne noch immer. Zehn Tage in Saas-Fee sind um, begeistert von der Bergwelt der Viertausender geht es heimwärts. Unser Höhepunkt war das Allalinhorn, das ist sonnenklar…
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