Dekorative Köcherbäume
Köcherbäume wachsen in den heissen Regionen Namibias und bevorzugen eine trockene Felslandschaft. Die Bäume werden meistens etwa drei Meter gross, können aber bis acht Meter erreichen. Grosse Exemplare sind 200 bis 300 Jahre alt und geben ein gelungenes Fotomotiv ab. Die Bäume gleichen einem vielarmigen Kerzenleuchter und ihre pergamentartige, rissige Rinde leuchtet golden in der Sonne. Der Köcherbaum ist in Wirklichkeit kein Baum, sondern eine Aloe. Früher höhlten einheimische Buschleute die faserigen, schwammigen Äste aus, um sie als Köcher für ihre Pfeile zu gebrauchen, daher sein Name.
Nach erfolgreichem Pneuflicken erreichen wir in rund zwei Stunden Keetmanshoop. Nordöstlich der kleinen Stadt gibt es mehrere Köcherbaumwälder. Diese sind zwar nicht mit einem europäischen, dichten Wald vergleichbar, sondern die Bäume stehen locker verstreut in der Gegend. Das Farmgelände beherbergt neben dem Campingplatz auch einen kleinen Köcherbaumwald sowie ein paar Geparden. Jeden Abend um fünf Uhr werden die Raubkatzen gefüttert. Wie wenn wir es geplant hätten, fahren wir punkt Fünf durch das Eingangstor, gerade rechtzeitig für das Fütterungsspektakel. Ein Gepard wartet ungeduldig mit knurrendem Magen hinter dem Zaun, schleicht launisch auf und ab. Gierig stürzt er sich sofort auf seine unappetitlich aussehende Fleischration. „Wer möchte, darf reinkommen“, ermuntert die junge Farmersfrau uns Besucher, „die Gepardendame ist bei uns aufgewachsen und ist sich an Menschen gewöhnt“. Wir sind überrascht und haben nicht damit gerechnet, dem Raubtier so nahe treten zu dürfen. Roland ist im Fotografenelement und natürlich erfreut, stört kein Zaun seine Bilder. Schon bald ist das athletische Tier satt, lässt einige Happen Fleisch sowie uns Touristen stehen und sucht das Weite.
Auf dem Campingplatz installieren wir unser Nachtlager – Roland entfacht ein Feuer, um auch uns mit einem Happen Fleisch zu beglücken. Es ist drückend heiss, noch immer zeigt das Thermometer 35 Grad im Schatten. Bereits nach fünf Minuten ist die Erfrischung der kühlen Dusche verpufft. Die Luft steht still – es herrscht eine buchstäbliche Ruhe vor dem Sturm. Ganz plötzlich nähert sich uns bedrohlich eine dunkle Wand. Die Steaks sind soeben gar, da fegen von einer Minute auf die nächste böenartige Windstösse nahezu den bereits gedeckten Tisch leer. Es bleibt uns kaum Zeit, alles im Fahrzeug zu verstauen, schon wirbelt es uns Sand um den Kopf. Wir flüchten ins Auto und verharren. Nur wenige Tropfen fallen vom düsteren Himmel, aber das Ende des Sturms ist nicht absehbar. So wagen wir uns raus und schletzen ausgehungert die mittlerweile kalte Mahlzeit in uns hinein, um kurz darauf in unser Dachzelt zu verschwinden. An Schlaf ist aber vorerst nicht zu denken. Der Wind rüttelt energisch an den Wänden und das Überzelt flattert wie eine Fahne im Wind. Ich meine, das Zelt zerfleddert und fliegt uns demnächst um die Ohren. Irgendwann schlafen wir und irgendwann auch das Unwetter ein…
Am nächsten Morgen zeugen lediglich noch ein paar Restwolken von der stürmischen Nacht, die Sonne mag wieder lachen. Nicht nur die dekorativen Köcherbäume beehren diese Gegend, sondern auch eine Ansammlung interessanter Granitformationen. Giants Playground – der Spielplatz der Riesen – ist eine beeindruckende Kulisse. Ein Weg schlängelt sich durch den Irrgarten aus grossen Felsbrocken. Es ist überwältigend, was die Natur hier geschaffen hat. Durch Erosion wurden die mächtigen Felsen abgeschliffen und tiefe Kerben geschaffen. Einige Brocken sind bereits in Einzelteile zerfallen, anderen steht der Zerfall erst noch bevor und wirken wie ein grosses Puzzle. Steinbrocken balancieren auf Felsnadeln und drohen, jederzeit runterzufallen. Wir können uns kaum sattsehen und stauen immer wieder Bauklötze.
Noch möchten wir uns von der faszinierenden Gegend nicht verabschieden. Wir gönnen uns eine weitere Nacht in einem abgelegenen Bushcamp 20 Kilometer weiter östlich. Grosse Bäume spenden ausreichend Schatten, was wir sehr begrüssen. In den Astgabeln trohnen gigantische Vogelnester. Webervögel bauen ihre einzigartigen Nester gerne in den Bäumen oder auch auf Telefonmästen. Jedes Nest beherbergt eine Vielzahl von Vogelpaaren, die in einzelnen Gängen leben. Diese Nester werden mit der Zeit so schwer, dass der Ast samt Nest einst zu Boden donnert.
Auf dem dürren Farmgelände finden sich sogar beide Naturschätze vereint – Köcherbäume und Granitskulpturen. Auf einem 4×4-Trail können wir diese reizvolle Landschaft so richtig auskosten. Im Bushcamp sind wir ganz allein und geniessen die Idylle in vollen Zügen, bis es in der Wetterküche wieder brodelt. Der dunkle Himmel ergisst sich in Strömen über uns. Bald blinzelt aber die Sonne hinter den grauen Wolken hervor und zaubert einen sanften Regenbogen an den Horizont. Die nassen Steine glänzen im weichen Licht. Es herrscht eine fabelhafte Stimmung und wir geniessen den lauen Abend…
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