24.10. – 02.12.2010

Orientalische Grüsse aus dem Oman

As-salâm ‘alaykum… Was aus dem Arabischen wörtlich übersetzt „Friede sei mit dir“ heisst, wird  unter Moslems für ein „Grüezi“ angewendet. Dann folgen üblicherweise ein paar Floskeln des Befindens – wie geht es dir? mir geht es gut! – bevor man zur eigentlichen Thematik gelangt, auch wenn es nur das Erfragen des Weges ist. Da die Strassen im Oman teils schlecht oder gar nicht beschildert sind, sind wir auch öfters in diese Situation gelangt. Es kam vor, dass der gefragte Fremde zur Begrüssung sofort die Hand ausgestreckt hat, sogar durch das Autofenster. Für uns ganz ungewohnt, aber eigentlich sympathisch.  Sympathisch ist uns das ganze Land erschienen, allem voraus die überaus herzlichen, gastfreundlichen Bewohner.

Der Oman liegt in der äussersten Ecke der arabischen Halbinsel und hat sich erst vor gut einem Jahrzehnt dem Tourismus geöffnet. Wie die Meisten wussten auch Roland und ich im Vorfeld eher wenig über das Land, war es auch die erste längere Reise auf eigene Faust in ein arabisches Land. Es war äusserst spannend, unser Reiseziel zu entdecken und erleben! Wir sind auf eine eher karge, wüstenhafte, aber alles andere als langweilige Landschaft gestossen. Die Szenerie beinhaltet schroffe, zerklüftete Bergformationen, ausgetrocknete Flusstäler, tiefe Schluchten, sattgrüne Palmenhaine, zahlreiche Sanddünen, endlose Steppen, lange Sandstrände und majestätische Festungen aus vergangenen Zeiten. Gerne nehme ich euch gedanklich auf einige Abschnitte unserer vergangenen Reise mit…

Weit nach Mitternacht landen wir verspätet in Dubai, der Wüstenmetropole der V.A.E., den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nicht weil ich glaube, es gefällt uns hier, sondern aus purer Neugier verbringen wir hier einen sogenannten Stopover von 2 Tagen. Mir ist es hier, wie befürchtet, zu schillernd, abgehoben und künstlich. Immer noch grössere Einkaufszentren und gigantische Hotels schiessen wie Pilze aus dem Boden, immer noch verrückter und rekordverdächtiger muss es sein. In der schnellstwachsenden Stadt der Welt findet man aber auch andere Ecken aus früheren Zeiten… wo man Arabien noch spüren kann!

Auch im Oman wird fleissig gebaut, aber glücklicherweise nicht so übertrieben. Die Moderne hat unter der Macht von Sultan Qaboos, dem amtierenden Regierungsoberhaupt, seit 1970 Einzug erhalten, aber das Land hat seine Traditionen auch bewahrt. Ist man einmal aus der Hauptstadt Muscat raus, welche sich heute auf einer Länge von über 50 km erstreckt, ist vieles sehr ursprünglich und provinziell.

Von Muscat planten wir als erstes einen Abstecher in die Enklave Musandam, die an der Spitze nördlich über der V.A.E. und vom restlichen Land getrennt liegt. Ein gewaltiges Kalksteingebirge erhebt sich steil aus dem Meer und erreicht eine maximale Höhe von 2100 m. Die Küstenlinie wird von zerklüfteten, fjordähnlichen Buchten und Lagunen gefaltet. Dieser kleine Zipfel ist wahrhaftig sehenswert, wenn wir auch mit einem heftigen Regenguss begrüsst werden und wir wegen des vielen Wassers auf den Strassen um die Ausfahrt in die Berge bangen. Vergebens, der Sonnenschein ist bald halbwegs zurück und unserer Führer kurvt uns auf den schlechten Geröllstrassen steil in die Höhe, um atemberaubende Ausblicke zu erhaschen. Durch die Fjorde schippern wir auf einer Dhau, einem traditionellen arabischen Holzboot. Zwischendurch genehmigen wir uns ein Bad im lauwarmen Wasser. Das ist zwar sehr wohlig, aber erfrischt nur halbwegs…

Eine kleine Maschine bringt uns wieder zurück nach Muscat und wir nehmen uns noch Zeit für die städtischen Sehenswürdigkeiten. Neben der beeindruckenden grössten Moschee des Landes, deren Besuch ausnahmsweise auch Nichtmuslimen gestattet ist, sowie dem Hafenviertel mit seinem traditionellen Markt, im Arabischen genannt Souk, gibt es nicht viel. So finden wir uns in der verbleibenden Zeit auf dem Dach unseres Hotels wieder, wo Pool und Liegestühle herzlich einladen.

Nach einer Woche geht unsere selbständige Reise mit dem fahrbaren Untersatz los. Bis es soweit ist werden meine Geduld und Nerven zwar aufs Äusserste strapaziert, aber mit den Details möchte ich euch nicht aufhalten. Ich frage ich mehrmals, wie so eine chaotische Autovermietung ihr Überleben meistert… Erst über 4 Stunden später als geplant sind wir startklar. Für die nächsten 3.5 Wochen sind wir nun Besitzer eines Allradwagens, mit dem wir in die abgelegenen Winkel des Landes gelangen wollen. Die nächste Mission, der Grosseinkauf im Supermarkt, nimmt auch einige Zeit in Anspruch. So haben wir danach nur noch ein Ziel, unter erstes Nachlager aufzufinden, da es in 2 Stunden bereits eindunkelt. Raus aus der Stadt an einen geeigneten Strand! Wir folgen den Spuren unseres Reisehandbuches und wir werden eine Fahrstunde südlich von Muscat fündig. Wir stellen das erste Mal unser neu erworbenes sandtaugliches Zelt auf, weihen unser soeben erstandener omanischer Gaskocher ein und beenden den Tag bei Kerzenlicht und Sternenhimmel auf unserem mitgebrachten Sofa, einer Wolldecke… am Strand, den wir ganz für uns allein haben. Was für ein prima Gefühl, das Abenteuer „Wild Camping“ hat begonnen! Oman gilt als ein sehr sicheres Reiseland und wildes Zelten ist offiziell erlaubt. So wagen wir uns, unseren Plan mit dem Nächtigen in der Wildnis, umzusetzen. Später begleitet uns das Plätschern der Wellen in den wohlverdienten Schlaf…

Morgens um 6 Uhr ist es bereits taghell, zur selben Zeit wie jeweils abends die Nacht einbricht. Wir kriechen aus dem Zelt und beobachten, wie sich die Sonne, ein glühender, orangefarbener Ball, nur wenig später vom Horizont erhebt. Immer noch unter uns geniessen wir die Ruhe des Morgens, frühstücken, genehmigen uns ein Bad im Ozean und brechen unsere vier Wände ab, bevor es weitergeht. Die Fahrt entlang der Küste führt uns Richtung Südosten. Auf der ganzen Reise stossen wir immer wieder auf sogenannte Wadis, das sind die eingangs erwähnten ausgetrockneten Flusstäler, die nach einen Regenguss aber auch Wasser führen können. Diese Täler sind oft sehr eng, beidseits ragen mächtige Felsen empor und oft gibt es auch Grünflächen mit Palmen oder Wasserspools zum Baden. Wir nutzen manchmal die Gelegenheit, nach den vielen Stunden im Auto, uns die Beine vertreten und wandern zu können. Mittags ist die Hitze für mich zwar fast unerträglich, es sind noch weit über 30 Grad. Wir machen also unsere ersten Wadi-Erfahrungen und erreichen nach einer weiteren Nacht im Zelt den äussersten Osten.

Im kleinen Ort Rad al-Jinz und an weiteren Stellen der Küste kommen die „Grünen Meeresschildkröten“ an den Strand zur nächtlichen Eiablage. Das Gebiet wurde unter Naturschutz gestellt. In einem geführten Rahmen ist es möglich, nachts die Weibchen zu beobachten, wie sie in mühsamer Arbeit ihre Eier legen oder wie die Kleinen 7 Wochen später schlüpfen. Abends um 22 Uhr und morgens um 4 Uhr finden wir uns ein, um einen Einblick in diese Prozesse zu erhalten. Es kommen mehrere dieser gewaltigen Tiere mit einem Gewicht bis zu 140 kg und vergraben ihre Eier im Sand. Auch zahlreiche geschlüpfte Jungtiere kämpfen  sich zum Meer vor. Nicht alle finden den Weg ins Wasser und noch viel weniger überleben die Kindheit. Die Gefahren im Meer sind zu gross. Unter natürlichen Bedingungen erwächst aus nur einem von 20’000 Eiern eine geschlechtsreife Schildkröte. Es ist extrem eindrücklich, dieses Naturspektakel mitverfolgen zu dürfen und spannnend, alle Einzelheiten über diese wundervollen, leider vom Aussterben bedrohten Tiere, zu erhalten. Dann geht die Sonne auf und nur noch die gewaltigen Spuren im Sand deuten auf die Vorkommnisse der Nacht hin…

Wir steuern unser Vehikel landeinwärts und erreichen nach zwei Tagen und einem weiteren Besuch eines idyllischen Wadis die Wüste. Die Sanddünen der Wahiba Sands erstrecken sich über eine Länge von 250 km. Im Gegensatz zur Grösse der Sahara ist die Wahiba nur ein überschaubarer „Sandkasten“. Wir nächtigen inmitten dieser fabelhaften Dünenlandschaft in einem der angesiedelten Wüstencamps. Ein typisches Beduinenzelt gibt uns ein Dach über dem Kopf. Wir erklimmen etliche Dünen, hinterlassen Spuren, die bald wieder verweht sind und sehen die Sonne hinter einem noch weiter entfernten Sandhügel verschwinden. Ich schätze die Atmosphäre und Stimmung auf diesem trockenen Flecken der Erde sehr…

Mit einem Führer durchqueren wir zwei Tage später die Wüste, um im Süden an der Küste wieder aus dem Sand zu gelangen. Damit uns dies gelingt, sind wir auf unseren Vorfahrer angewiesen. Die Sandpisten sind zwar ersichtlich, aber die verzweigen sich plötzlich und Verkehrsschilder gibt es hier keine. Sowieso, aus Sicherheitsgründen wird es nicht empfohlen, alleine zu fahren. Das Abenteuer lohnt sich aber voll und ganz und ist den investierten Batzen wert!

Die nächste Teiletappe führt uns entlang der Ostküste gegen Süden. Dieses Gebiet ist eines der abgelegensten und dünnbesiedeltsten des Landes. Es gibt keine grossen Städte, vor allem verschlafene Fischerdörfer und zusammengewürfelte Siedlungen säumen die Route. Einige Tankstellen und kleine Läden sind vorhanden, das Problem findet sich eher in deren Öffnungszeiten. Während der Mittagshitze von etwa 12 bis 4 Uhr ist alles geschlossen, aber meistens sind wir genau dann da. So kann der „Gluscht“ auf ein Eis erst Tage später gestillt werden! Glücklicherweise sind die Vorräte aus Muscat noch nicht aufgebraucht. Auch mit Hotels ist diese Strecke kaum bestückt, was uns aber nicht kümmert. Wir erfreuen uns an den Nächten in unserem Zelt und natürlich vor allem daran, in der herrlichen Natur zu sein. Abends in den Sternenhimmel zu gucken, den Vollmond zu bestaunen, dem Knistern des Lagerfeuers zu lauschen und frühmorgens mit den ersten Sonnenstrahlen aus den Federn zu hüpfen, das sind unsere Freuden.

Die Stunden am Morgen, mit dem sanften Licht und noch angenehmen Temperaturen, schätze ich am meisten. Wir können stundenlang am Strand verweilen und erkunden die neue Gegend. Roland ist fasziniert von den Krebsen und pirscht sich heran für ein gutes Foto, ich sammle die schönsten der angeschwemmten Muscheln ein und wir planschen in den Wellen des Meeres. So sind wir selten vor 10 Uhr auf Achse, und spätestens um 4 Uhr drängt die sinkende Sonne zur Suche des neuen Domizils. Auch diese Zeit bis zum Sonnenuntergang geniesse ich sehr, präsentiert sich die Gegend in warmen, weichen Farbtönen und die Hitze weicht einer angenehmen Wärme. Zwischendurch fahren wir, legen einige hundert Kilometer zurück und erfreuen uns an den wenigen Erhebungen der recht kargen, flachen Einöde. Die Strände und Küstenabschnitte sind jedoch alles andere als langweilig, sondern geben ein tolles Bild ab. Am besten gefällt es uns in Shuwaymiyah, schon fast im Süden des Landes. Es präsentiert sich ein tiefer Canyon mit bizzaren Felsen in den schönsten Farbtönen und sagenhafte Ausblicke werden geboten. Der makellose Sandstrand und der gefundene Nachtplatz gefallen mir nicht minder. Wir verbleiben hier sogar zwei Nächte und verbringen eine davon lediglich im Schlafsack unter dem Sternenhimmel, noch ein Stück näher an der Natur. Die Stille strahlt eine angenehme Ruhe und Frieden aus…

Meistens haben wir dies alles ganz allein nur für uns! Lediglich einmal treffen wir auf weitere Touristen und ein anderes Mal tauchen ständig Einheimische auf und beäugen uns. Wohl aus purer Neugier, was da neben ihrem Dorf abgeht? Vielleicht hat sich herumgesprochen, dass Fremde aufgetaucht sind… Denn bei Nachfrage des Weges zum Strand werden wir vom älteren Mann sofort in den Garten gewunken, wir sollen uns setzen. Auf dem Boden werden uns Kaffee und Datteln serviert, was hier üblich ist. Ablehnen gilt nicht! Es ist nicht das einzige Mal, dass wir eine solche spontane Einladung erhalten. Viel gesagt werden kann nicht, sprechen die Gastgeber meist nur Arabisch. Aber macht nichts, ihre Herzlichkeit erreicht und berührt uns! Shukran – und wir können uns lediglich in der fremden Sprache bedanken…

Nach vier wundervollen Nächten dieser Art fühle ich mich recht klebrig, verschwitzt und eingesalzen und sehne eine Dusche herbei. In Salalah, der Stadt ganz im Süden, nisten wir uns für die nächsten Nächte in einem Hotelzimmer ein. Auch dagegen ist nichts einzuwenden, liegen die Beach Villas, wie es der Name sagt, direkt am langen weissen Sandstrand des Indischen Ozeans. Von hier aus unternehmen wir Tagesausfahrten und erkunden auf diese Weise die Gegend. In diesem südlichen Teil des Landes hat ein anderes Klima das Sagen. Jeden Sommer taucht hier der Monsunregen auf und lässt die gesamte Ebene in satten Grün erstrahlen. Diese Gegend ist tropisch geprägt und im Gegensatz zum Rest des Landes wachsen hier Kokospalmen und Bananenbäume. Das Gras ist im November zwar fast vertrocknet und mittlerweile braun. Wir fahren ostwärts wie westwärts bis die Strasse endet oder wir fast an die Grenze zu Jemen gelangen. Diese spektakuläre Bergstrecke mit den etlichen Haarnadelkurven und den imposanten Ausblicken hat mich am meisten gefesselt!

Zur Abwechslung verpflegen wir uns hier abends wieder in Restaurants. Nicht dass wir unsere Picknicks und einfachen Selbstversorger-Menues nicht schätzen, aber gegen ein einheimisches Mahl mit Fleisch haben wir nichts einzuwenden. Es ist das erste Mal, dass wir mit der muslimischen Geschlechtertrennung, die zwar im Oman nicht sehr ausgeprägt ist, selber in Kontakt kommen. Wir betreten zusammen mit einer deutschen Frau ein Restaurant und werden mit dem Kommentar, die „Family Section“ sei auf der anderen Strassenseite, abgewiesen. Hier dürfen die Männer also unter sich bleiben… Wir sind über den Vorfall sehr überrascht, da ich mit Roland oft in Lokalen war, wo sich nur Männer erblicken lassen. Wahrscheinlich sind zwei Frauen auf ein Mal zu viel des Guten! Wie auch immer, der „gemischte“ Teil entpuppte sich in diesem Fall als die schönere Lokalität. Es lässt sich immer wieder und fast überall feststellen, dass in der Öffentlichkeit viel mehr Männer als Frauen präsent sind. Oft werden wir auch begrüsst mit „hello sir“ oder was wünscht der Mann, und mir wird als Frau nicht viel Beachtung geschenkt. Anfangs lächeln wir oft darüber, aber ich gewöhne mich daran, übergangen zu werden!

Kamele gibt es in diesem Land wohl mehr als menschliche Bewohner. Sie laufen frei herum, überqueren die Strasse ohne vorher nach rechts oder links zu schauen und bleiben dabei sogar in der Mitte seelenruhig stehen. Überall stossen wir auf diese Tiere, wie sie, man könnte meinen, etwas hochnäsig herumstolzieren. Sie seien nicht herrenlos, alle haben einen Besitzer, was man sich kaum vorstellen kann, wenn man sie unterwegs im „Nirgendwo“ antrifft. Das Spezielle im Dhofar, wie diese südliche Region genannt wird, ist, dass hier die Kamele neben den Kühen grasen. Bunt gemischt stehen sie auf der Weide, ein für uns seltsamer Anblick und gelungenes Fotomotiv!

Wir können es nicht lassen an einem der wunderbaren Strände hier unten nochmals zwei Nächte unser Campingleben zu leben, bevor wir den langen Rückweg von rund 1000 km in den Norden unter die Räder nehmen. Diesmal wählen wir die Hauptroute inmitten durch das Land. Fast die gesamte Strecke schaut von weitem gleich aus, eine Kieswüstenebene, die nur sehr spärlich besiedelt und kaum bewachsen ist. Obwohl die Fahrt an Monotomie kaum zu überbieten ist, fasziniert mich die platte Landschaft die riesigen unbewohnten Gebiete. So werden die Dimensionen der Entfernung erst recht deutlich. Als es eindunkelt und wir noch nicht oben angekommen sind, schwenken wir bei den nächstbesten kleinen Erhebungen, die uns etwas Sichtschutz bieten sollen, von der Strasse ab. Einen Kilometer weiter und ein perfektes Nachtlager liegt uns zu Füssen. Am nächsten Morgen bemerken wir, dass es hier alles andere als langweilig und einödig ist. Wir nehmen aus der Nähe die verschiedenen Farbtöne und Strukturen des Gesteins, gespickt mit Sandflächen und deren Muster, wahr. Echt überraschend, denn von Weiten sieht alles gleich aus!

Langsam erheben sich am Horizont einige Berge, die Gegend wird fruchtbarer, wir erreichen das Hajar-Gebirge im Norden. Es ist Nationalfeiertag und wir haben das Glück, im herzigen Städtchen Nizwa noch eine Bleibe zu finden. Abends ist im Zentrum anlässlich der Feierlichkeiten meines Erachtens zwar wenig los, aber viele Omanis bevölkern die Strassen. Die meisten sind in ihre traditionellen Gewänder gehüllt. Die Männer tragen das weisse Nachthemd… äxgüsi, die sogenannte Dishdasha, das typische knöchellange, langärmlige Gewand und die Frauen eine Abaya, den schwarzen üblichen Überhang. Einige sind aber auch ganz farbig oder westlich gekleidet. Vom vielversprechenden traditionellen Markt hier sind wir enttäuscht. Wir vermissen das rege Treiben, viele Stände bleiben leer, es fehlt das Leben. Stirbt der Markt wohl aus und muss vollständig den vielen grossen Supermärkten weichen?

Zwischenzeitlich haben wir einige der zahlreichen ehemaligen Festungsanlagen, den sogenannten Forts, beäugt, was mich nie überwältig hat, aber Roland fand noch Gefallen daran. Das Fort von Jabrin macht eine Ausnahme und versetzt auch mich ins Staunen. Das ehemalige Wohnschloss wurde durch eine Renovierung wieder in seinen alten märchenhaften Zustand versetzt und mit antiken Möbelstücken ausgerüstet. Eine pure Augenweide!

Einige Tage nehmen wir uns, um in die Berge zu fahren. Das Saiq-Plateau auf rund 2000 m gelegen, mit dem überragenden Berg, dem Jebel Akhdar. Auf den ausgedehnten Terrassenfeldern gedeihen diverse Früchte und Nüsse. Wir fahren und wandern, suchen die Aussichtspunkte auf und stellen abends bei bereits tiefen Temperaturen unser Zelt auf. So richtige Gemütlichkeit kommt also diesmal nicht auf und die Nacht wird verdammt lang. Morgens um 7 Uhr lese ich 2 Grad vom Thermometer ab und ziehe mir den Schlafsack nochmals über den Kopf. Sobald die Sonne aber scheint, wird es rasch warm. Der Himmel ist wie fast an jedem Tag unserer Reise stahlblau, kein Wölkchen stört. Wir tauen also wieder auf und ich kann mich aus den verschiedenen Schichten schälen!

Der höchste Gipfel, der Jebel Shams, liegt auf 3009 m. Wir kurven langsam aufwärts und stoppen der lohnenswerten Ausblicke wegen. Plötzlich springt der Motor nicht mehr an und auf Rolands Gesicht sehe ich bleiche Fragezeichen. Oh scheisse, denke auch ich, bitte nicht hier, und warum? Ein Blick unter die Kühlerhaube gibt Aufschluss. Hat sich wohl wegen der vielen Schotterstrasse das Kabel zur Batterie gelöst, dass Mann wieder festzuschrauben weiss, zum Glück! Die Strasse führt hinauf auf rund 2000 m an den Rand des tiefen, imposanten Canyons, der sich vor uns entfaltet. Dahinter präsentiert er sich, der höchste Berg. Wow, diese hinreissende Landschaft! Meine Camperfreude ist in den letzten Höhenlagen etwas gewichen und so genehmigen wir uns ein hübsches Zimmer mit riesigen Fenstern und Panoramasicht. Wir entspannen einige Stunden an der Sonne, geschützt vom fiesen Wind an der Hauswand. Tags darauf werden unsere Muskelfasern wiedereinmal aktiviert. Mir gefällt die Wanderung entlang der Schlucht mit den grandiosen Aussichten sehr. Wir erreichen das alte, verlassene Dorf Sab, wo nur noch Ruinen zu sehen sind. Kaum vorstellbar, dass hier am Abgrund einst Leute gehaust haben. Ein ausgezeichneter halber Tag…

Eine einsame und sehr steile Piste führt uns ein letztes Mal durch die Berge, hinunter zurück an die Nordküste. Die weitere Fahrt durch das Wadi Bani Awf gestaltet sich als langwierig und staubig, benötigen wir für die rund 70 km geschlagene 4 Stunden. Aber es hat sich gelohnt, schönste Blicke auf die Berge wurden uns gewährt. Noch zwei Nächte verbleiben, die wir zum Abschluss nochmals mit Camping auskosten wollen. Für die letzte Nacht haben wir endlich wieder Strand erreicht. Bei Ras al-Sawadi, nah der Hauptstadt, lassen wir unser Zeltleben bei einem letzten Mal Pasta mit Tomatensauce ausklingen. Es ziehen Wolken auf, es blitzt, aber Regen bleibt zum Glück aus. Die Dichtigkeit des Zeltes konnte also nie überprüft werden! Darüber bin ich aber nicht etwa traurig, ist ja genau das Wetter mit dem strahlenden Sonnenschein ein Riesenplus. Morgens stelle ich fest, wie gut der Strand mit Muscheln bestück ist. So viele und vor allem so grosse Muscheln gab es noch nie. Einige dürfen mitkommen, wir haben sonst kaum Souvenirs erstanden!

Nach erlebnisreichen und spannenden Wochen „on the road“ werden wir für die letzte Woche noch sesshaft und fahren im Tauchresort ein. Die einfache Bungalow-Anlage liegt nur einige Buchten von Muscat entfernt. Wir beziehen eine dieser schnuckeligen Hütten mit Veranda und Meerblick. Wir möchten unsere Ferien mit Tauchen und Relaxen ausklingen lassen. Die Tauchausrüstung, anfangs hier eingestellt, wartet nur darauf, ausgepackt und nass zu werden. Aber es bleibt für mich leider beim Relaxen… Hat mich doch zwei Tage zuvor eine fiese Erkältung (oder Allergie?) mit Schnupfen sowie Husten und grässlichem Kratzen im Hals überfallen, die mir das geliebte Tauchen während dem ganzen Aufenthaltes total verunmöglichte. So versuche ich, geplagt von heftigen Niessanfällen und Hustenattaken, die Zeit am Strand mit Lesen umzubringen. Mich reut es ungemein, hier nicht den Kopf unter Wasser strecken und die Fische begrüssen zu können. Wenigstens hat Roland ohne mich trotzdem einige Tauchgänge gewagt und mir von den schönen Dingen dort unten erzählt…

Unsere Reise im Oman hat uns vollends begeistert und wir bringen eine Menge Eindrücke mit nach Hause. Es waren abwechslungsreiche 5.5 Wochen, die ich mit meinem Schatz ausgesprochen genossen habe. Unser persönliches Highlight war einstimmig die Entdeckung des Landes in Kombination mit dem wilden Camping. Auch die Herzlichkeit und Freundlichkeit der Omanis haben wir ausserordentlich geschätzt. Somit bereuen wir in keiner Hinsicht, dass wir uns für dieses uns unbekannte, arabische Land entschieden haben!

nach oben


Kommentare

Oman — Keine Kommentare

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

    HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>