Pulau Kapas – entspanntes Eiland
Von einer Insel hüpfen wir zur nächsten… Frühmorgens verabschieden wir uns von Pulau Perhentian. In knallorange Rettungswesten verpackt, fegen wir mit einem Schnellboot dem Festland entgegen. Am Hafen von Kuala Besut erwartet uns bereits ein Taxifahrer, der uns für einen angeblich guten Preis vom Inselresort vermittelt wurde. Die Reise südwärts dauert mit dem öffentlichen Bus für die kurze Strecke unverhältnismässig lang. Der ältere Herr mit den buschigen Augenbrauen und dem Ziegenbärtchen pflegt einen angenehmen Fahrstil, was wir schätzen. An seinem Handgelenk blitzt eine goldene Armbanduhr, auf dem Kopf thront eine weisse Moslem-Kappe. Ständig erläutert der Mann wohlwollend Ortschaften und Gebäude entlang der Route, reisst mich stets erneut aus meinem Nickerchen. Zwei Stunden später klettern wir im winzigen Hafen vom Fischerdorf Marang erneut in eine Nussschale und preschen binnen einer Viertelstunde dem nächsten Eiland entgegen…
Pulau Kapas liegt unweit der Küste und misst nur etwa zwei Kilometer in der Länge. Die kleine Insel ist dicht von Dschungel überwachsen, Palmen gibt es leider eher wenig. Die Westküste ist von sandigen Buchten gesäumt, denen Korallenriffe vorgelagert sind. Die Ostküste ist vorwiegend felsig und unzugänglich. Meist nimmt das Inselleben einen friedlichen Gang, ausser an Wochenenden, wenn lokale Besucher vom Festland einfallen. Ein Glück ist es Dienstag… Der kurze Anlegesteg ist verlottert und erweckt den Anschein, bald in sich zusammenzufallen. Auch viele Resorts haben die besten Jahre sichtlich hinter sich, bieten muffige Holzbungalows, und das oft zu überteuerten Preisen. Unser Spiessrutenlauf zahlt sich aus und wir landen schlussendlich in einem neueren, aber dennoch preiswerten Zimmer mit grosszügigen Balkon und klitzekleiner Meersicht. Der Gastgeber ist überaus freundlich, doch was der Anlage sowie auch vielen anderen Unterkünften und Restaurants fehlt, ist etwas Charme.
Vorwiegend eine Unterkunft versprüht Atmosphäre und hat sich unter holländischer Hand als beliebtes Backpacker-Resort etabliert. Die niedlichen Hütten waren ausgebucht, doch wir kehren fürs Frühstück zurück. Eine grosse Wandtafel dient der kreativen Speisekarte. Geduldig warten wir auf die bestellten Müesli – der Betrieb hier scheint mehr als entspannt, fast zu entspannt. Wie lange es wohl noch dauert, fragen wir uns nach einer guten halben Stunde. “Wir müssen bestimmt ausharren, bis die Früchte reif sind!”, schmunzelt Roland trocken und ich verfalle in ein herzhaftes Lachen. Wie recht er hat, denn meist könnten die tropischen Früchte noch etwas Reifezeit vertragen. Ein Schild fällt uns ins Auge: No WiFi, talk to each other! Darin steckt ein grosses Korn Wahrheit – viele Reisende verstecken sich häufig hinter ihrem Smartphone. Wir nehmen uns nicht vollständig aus, es scheint der Lauf der Zeit zu sein… Als unser Müesli nach einer gefühlten Ewigkeit endlich fertig gereift ist, schmeckt es immerhin vorzüglich!
Über feinen weissen Sand schlendern wir von Bucht zu Bucht, die mit wuchtigen Betonstegen miteinander verbunden sind. Das eigentlich idyllische Tropenbild ist leicht getrübt… Bald haben wir die Nordspitze erreicht, der die winzige Schwesterinsel Pulau Gemia vorgelagert ist. Auch das südliche Ende ist in einem gemütlichen Spaziergang schnell zu erlangen. Halb zwei, die Energie vom Frühstück ist verpufft, der Magen knurrt. Das Lokal mit Veranda über dem Strand wirkt einladend. “Unser Restaurant ist geschlossen und nur von zwölf bis halb zwei Uhr geöffnet”, erklärt der Besitzer mit entschuldigender Miene. Knapp verpasst – wir meinen, uns verhört zu haben.
Auch der Inselshop glänzt mit kurzen Öffnungszeiten, meistens verwehrt uns das Schild “closed” den Eintritt. Interessiert beäugen wir durch die Glastüre das spärliche Angebot. Nur wenige Meter entfernt lehnen Angestellte entspannt in ihren Stühlen und gähnen gelangweilt, doch keiner bewegt seinen Hintern. Will hier denn niemand mit uns geschäften? Haben sie es nicht nötig Geld zu verdienen? Die Insel ist dünn besiedelt und lebt in erster Linie vom Tourismus, was in solchen Momenten kaum zu glauben ist. Einmal mehr wirkt die Insel entspannt, für unsere kulinarischen Bedürfnisse zu entspannt…
Das Wetter hält sich bedeckt, bereits den zweiten Tag in Folge. Trotzdem ist es schwülheiss, keine Brise weht. Sogar unser eigentlich luftiger Balkon im ersten Stockwerk hat sich in eine Sauna verwandelt. Am späten Nachmittag besuchen uns endlich vereinzelte Sonnenstrahlen und wir verschaffen uns im Meer die ersehnte Abkühlung. Das Wasser ist sauber und kristallklar. Eine riesige Gruppe Einheimischer ist weder zu übersehen, noch zu überhören. Im seichten Nass versammelt, stecken alle in einer dicken Schwimmweste. Darunter tragen die Frauen lange Kleidung und sind in ein Kopftuch gehüllt. Auch für die Männer scheint oben ohne tabu. Laut dringt ihr Kichern zu uns herüber, erweckt unsere Aufmerksamkeit. Gespannt beobachten wir die Muslime, die in Vollmontur ihre ersten Schnorchelversuche wagen…
Freitag, muslimischer Sonntag. In Marang wieder Festland unter den Füssen, erfahren wir, dass das Ticketbüro heute bedauerlicherweise geschlossen ist. Um ein Busbillet für die Weiterreise entlang der Südküste zu erstehen, führt angeblich kein Weg an der rund zwanzig Kilometer nördlich gelegenen Stadt Kuala Terengganu vorbei. Eine halbe Stunde später setzt uns das Taxi am zentralen Busbahnhof ab. Zu unserem Entsetzen lässt sich doch auch hier keine Fahrkarte ergattern. Die Busse sind voll, alle Sitzplätze nach Kuantan bereits verkauft, damit haben wir nicht gerechnet. Ein belgisches Paar ist vom selben Übel betroffen – kurzentschlossen tun wir uns zusammen und gönnen uns anstelle einer Zwangsübernachtung ein Taxi.
Unser älterer Fahrer ist einer der gemächlichen Sorte und steuert sein Auto oft weit unter der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit über die bestens ausgebaute, zweispurige Autobahn. Rund 200 grüne Kilometer, meist säumen endlose Palmenplantagen die Strecke. Das Etappenziel Kuantan rückt in unmittelbare Nähe. Noch auf dem Weg in die Grossstadt steuern wir das Busterminal an, um uns für den nächsten Tag Plätze nach Jerantut zu sichern. Der Ort liegt im Landesinneren, unweit von unserem Endziel Taman Negara entfernt… Das darf doch nicht wahr sein! Sämtliche Busse sind für morgen und die folgenden Tage restlos ausgebucht. Die malaysischen Schulferien und anstehenden Feiertage machen uns einen Strich durch unsere Reiseplanung. Mist, wie weiter?
Das ansprechende Hotel im Zentrum kann unseren Frust etwas mildern. Für umgerechnet 25 Franken kriegen wir ein sauberes, in frohen Farbtönen gehaltenes Zimmer, mit grossem Bad, Klimaanlage, Kühlschrank, Wasserkocher sowie Frühstück. Ein solches Schnäppchen ist nur abseits der Touristenzentren möglich, die schäbigsten Inselunterkünfte mit Ventilator kosten fast ebenso viel. Dafür müssen wir den rollenden, für Fussgänger unfreundlichen Verkehr in Kauf nehmen. Lichtsignale stellen eine Rarität dar, fast kriege ich eine Krise. Auch unser Taxifahrer war nicht weit davon entfernt, führen fast nur Einbahnstrassen durch das lebendige Zentrum. Unsere Bleibe liegt am Fluss, fern der modernen Stadtteile mit glänzenden Shoppingzentren und Fastfood-Ketten, ältere Häuserzeilen prägen das Bild. In kleinen Ladenlokalen leuchten bunte Stoffe, viele Schneider sind am Werk. Zwischendurch hängt ein strenger Duft von getrocknetem Fisch in der Luft, verschlägt uns den Atem. Das Viertel ist indisch geprägt, was uns ein schmackhaftes Reisgericht mit verschiedenen süss-scharfen Saucen beschert – lecker lecker.
Gezwungen, für die Weiterreise schon wieder ins Taxi zu steigen, fragen wir an mehreren Orten nach den Kosten. Doch alle haben sich gegen uns verschworen, wir müssen diesmal tiefer in die Tasche greifen – 400 Ringgit, was knapp 100 Franken entspricht. Immerhin können wir uns die Auslagen erneut mit den sympathischen Belgiern teilen… Auf ein langweiliges asiatisches Frühstücksbuffet eingestellt, schlemmen wir frühmorgens verschiedene frisch zubereitete Köstlichkeiten wie pikante Klebreisbällchen oder in Kokosmilch gekochte Bananen. Pünktlich taucht unser Fahrer auf. Der junge Kerl drückt energisch aufs Gaspedal, brettert mit knapp 140 Stundenkilometern über die stark befahrene Autobahn. Die Durchgangsstation Jerantut in der Landesmitte erreicht, windet sich die Strasse in engen Kurven nordwärts durch eine grüne Gegend. Bereits nach knapp drei Stunden fahren wir mittags in Kuala Tahan ein – früher wie veranschlagt, kein Wunder. Nach zwei Tagen Unterwegssein sind wir heil am Tor zum Taman Negara Nationalpark angekommen…
Kommentare
Pulau Kapas – entspanntes Eiland — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>