Über die Grenze nach Malawi
Nach tierreichen Tagen im South Luangwa Nationalpark kehren wir nach Chipata zurück, wo wir erneut einen Zwischenstopp einlegen. Wir nächtigen wieder im selben Guesthouse, ausserhalb der städtischen Hektik. Aus einer geplanten Nacht werden zwei – spontan beschliessen wir, einen Ruhetag einzulegen und geniessen den grossen, üppigen Garten mit dem Swimming Pool. Es tut gut, nach den langen Safari-Tagen etwas auszuspannen. Auch nehmen wir uns Zeit für den Blog – unser Reisetagebuch und Fotoalbum.
Die Grenze zu Malawi ist nicht mehr fern. Der Besitzer vom Guesthouse nimmt uns im Auto mit ins Stadtzentrum, von wo für uns bereits eine Taxifahrt arrangiert wurde. Eine halbe Stunde verstreicht, ohne dass der Fahrer auftaucht. In Zambia verbringen wir viel Zeit mit Warten… Unser Geduldsfaden reisst, wir möchten los und beglücken einen anderen Taxifahrer. Er fährt erst zur Tankstelle und bittet uns um eine Anzahlung. Wir schmunzeln, haben uns langsam daran gewöhnt, dass der Tank der Taxis stets leer ist. Es werden nur wenige Liter Treibstoff eingefüllt, ausreichend für die bevorstehende Fahrt. Im Nu sind wir beim Grenzposten angelangt, ebenso schnell haben wir das Land verlassen.
Die Einreise nach Malawi gestaltet sich etwas hartnäckiger. Der freundliche Beamte lässt uns die Visaformulare ausfüllen, zieht unser Pässe und die Gebühr ein, um uns nach einer Weile durch den Hintereingang ins Büro zu bitten. Dann taucht eine Grenzwächterin auf, fragt uns forsch nach einem Schreiben der Botschaft. Sie zeigt uns ein entsprechendes Exemplar, welches wir aber nicht haben. Nach den neusten Bestimmungen ist das Visum an der Grenze erhältlich und muss nicht mehr vorgängig auf einer Botschaft eingeholt werden. “Ohne diesen Brief kriegt ihr kein Visum”, droht sie uns. Wir wissen nicht, was erwidern, wollen nichts falsch machen. Die hartnäckige Beamtin verneint, das besagte Schreiben hier ausstellen zu können und schickt uns quasi zurück nach Lusaka zur Botschaft. Mist, das hat uns gerade noch gefehlt! Das Biest verschwindet und der nette Herr von vorhin taucht wieder auf. “Ich kann euch das Schreiben für 20 Dollar pro Person ausstellen”, überrascht er uns umgehend. Uns fällt ein Stein vom Herzen, obwohl wir ziemlich sicher von korrupten Grenzbeamten hintergangen wurden. Was solls – wir sind in Malawi, das einzige, was für uns im Moment zählt.
Die Fahrt mit dem Taxi in den nächsten Ort Mchinji klappt reibungslos, so auch die anschliessende Reise im Minibus auch Lilongwe. Nach zwei Stunden sind wir aber froh, in der Hauptstadt anzukommen, sind die Bänke im Vehikel steinhart und unsere Hintern und Rücken schmerzen. Die Stadt ist keine Schönheit, wir tätigen lediglich ein paar Besorgungen. Noch freuen wir uns auf die Weiterreise am nächsten Tag, ahnen noch nicht, was genau uns erwartet.
Unser Ziel liegt knapp 300 Kilometer entfernt im Süden des Landes – Zomba. Auf dem Busbahnhof regiert eine Hektik. Wild fuchtelnde Männer quatschen auf uns ein, jeder versucht uns einen anderen Bus schmackhaft zu machen. Wir steuern aber erst das Ticketbüro von der angeblich besten Gesellschaft an, die aber leider keine Fahrt zum gewünschten Ziel bietet. Schlussendlich landen wir in einem schäbigen Bus mit zerschlissenen, schmalen Sitzen, jedoch wird uns versprochen, dieser Bus fahre zuerst los. Nun heisst es Warten, was bleibt uns anderes übrig…
Nach zwei Stunden ist endlich auch der hinterletzte Platz belegt. Warum fahren wir nicht los? Die aufgeschlossene Schwarze neben mir weiss es auch nicht. Sie warte bereits zwei Stunden länger im Bus wie wir. Da auch die restlichen Passagiere nicht den Eindruck hinterlassen, diese Warterei mit afrikanischer Gelassenheit oder Humor hinzunehmen, frage ich die sympathische Frau nach ihrem Befinden. “Nein, das ist für uns überhaupt nicht ok”, entgegnet sie entrüstet. Eine weitere Stunde verstreicht, bereits ist Mittag. Erst als auch die Stehplätze im Mittelgang vergeben sind, steigt der Chauffeur ein und bringt den ächzenden Bus zum Laufen.
Die Fahrt gestaltet sich landschaftlich reizvoll, wir tuckern grünen Bergketten entlang. Immer wieder halten wir an, aber nur vereinzelte Passagiere steigen aus, der Bus bleibt übervoll. Verkäufer kommen angeschwirrt, preisen rund um den Bus Gemüse und sonstige Esswaren an. Im Bus bricht ein Gedränge aus, Ware und Geld werden durch die schmalen Fensterluken gereicht und wechseln ihren Besitzer. Zu unserem Entsetzen fliegen leere Getränkedosen und sonstiger Müll achtlos durchs Fenster und landen auf der Strasse. Mittlerweile spüren wir jeden Knochen im Hinterteil, wissen kaum mehr wie sitzen. Zu drei Stunden Warten gesellen sich sechs Stunden Fahrt, bis wir beim Eindunkeln völlig erledigt Zomba erreichen.
Bis in die siebziger Jahre war Zomba die Hauptstadt von Malawi, noch heute zeugen grosse, ehrwürdige Kolonialgebäude von jenen vergangenen Zeiten. Das Zomba Plateau erhebt sich bis zu 1800 Metern hinter der kleinen Stadt, die rundum von Bergen umgeben ist. Unser Guesthouse liegt am Fusse des Plateaus, etwas ausserhalb des Zentrums im Grünen. Nach der langen Anreise gestern, tut es gut, die Beine zu vertreten. Auf dem Markt möchten wir frische Früchte kaufen, um Vitamine zu tanken. Das Angebot ist sehr spärlich, viele Verkäufer bieten nur Kartoffeln und Tomaten an. Die Regenzeit sei dieses Jahr sehr schlecht und lässt die Ernte bescheiden ausfallen, erfahren wir später. Auch beim Mais, dem Grundnahrungsmittel, komme es bereits zu Engpässen.
Geld ist in Malawi ein Thema für sich. Wie in Zambia nennt sich die Währung Kwacha, nur gibt es hier drei zusätzliche Nullen. 1000 Kwacha sind nur etwas über einen Franken wert. Das stellt grundsätzlich noch kein Problem dar, aber dieser Betrag entspricht gleichzeitig der grössten Note und damit kommt man auch in Malawi nicht weit. Es ist schlichtweg unmöglich, sämtliche Geldreserven im Portemonnaie oder in den Hosentaschen zu verstauen. Auch meinen wir stets, mehr zu besitzen, als es in Tat und Wahrheit der Fall ist – ständig sind wir am Geld abzählen. Hinzu kommt, dass man am Bankomaten pro Bezug maximal 40’000 Kwacha abheben kann. Oftmals wird dieser Betrag bereits fällig, um eine einzige Hotelnacht zu bezahlen. Wir stehen also eine Weile am Geldautomaten, tätigen fünf Bezüge unmittelbar hintereinander und füllen die Notenbündel in einen Plastikbeutel. Dies lässt uns reich fühlen, aber ein paar Tage später ist das Geld bereits wieder auf und davon…
Frühmorgens, alles ist nebelverhangen. Die Strasse windet sich steil den Berg hoch. Oben auf dem Zomba Plateau angelangt, befinden wir uns inmitten der grauen Suppe. “Der Nebel lichtet sich bald”, ermuntert uns Joe, unser Guide. Zum Glück hat er Recht – bald zeigen sich erste blaue Lücken am Himmel. Zu Fuss erkunden wir zu dritt das Hochland mit seinen Pinienwäldern, Seen und Wasserfällen. Gleich zu Beginn führt der Weg steil bergan und treibt uns bald den Schweiss aus den Poren. Wolken und Sonne stehen im gegenseitigen Kampf. Der Blick vom Aussichtspunkt ist durch den Nebelvorhang eingeschränkt, trotzdem wirkt die bergige Gegend malerisch. Heute ist es aber leider nicht möglich, den höchsten Berg Malawis, den Mount Mulanje mit über 3000 Meter Höhe, in der Ferne auszumachen.
Eine erste “Reisekrise” macht sich bei uns bemerkbar… Einerseits sind wir niedergeschlagen wegen dem Laptop, der seit kurzem nicht mehr einwandfrei funktioniert, obwohl dieser gerade mal ein Jahr alt ist. Dies braucht Nerven und Geduld. Und wer weiss, wann er den Geist ganz aufgibt und wir den Blog nicht mehr weiterführen können. Auch Nerven und Geduld braucht es beim Reisen mit den hiesigen Bussen. Es ist auf jeden Fall eine Umstellung, nach vier Monaten selber fahren nun ohne Auto unterwegs zu sein. Aber ist es nur das? Oder sind Zambia und Malawi bezüglich den öffentlichen Verkehrsmitteln besonders anstrengend? Wir empfinden das Reisen jedenfalls nicht stets als pures Abenteuer. Aber vielleicht macht sich ja auch unser Alter langsam bemerkbar. Etwas frustriert sind wir bestimmt auch, dass man verhältnismässig viel Geld für ein Hotelzimmer ohne jeglichen Charme und grossen Komfort hinblättert. Diesbezüglich ist das Preis-/Leistungsverhältnis unserer Meinung nach schlecht. Sind also die jetzigen Umstände schuld an unserer kleinen Krise oder sind wir bereits etwas reisemüde? Wir hoffen und glauben, dass Ersteres der Fall ist…
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