Vom Valle Central ins Talamanca-Gebirge
Die erste Reiseetappe ist kein Zuckerschlecken. Zähflüssig wälzt sich der Verkehr voran, bald plumpsen erste Regentropfen auf die Windschutzscheibe. Das Durchqueren von San José zieht sich in die Länge. Immerhin verhalten sich die Fahrzeuglenker einigermassen gesittet, gehupt wird kaum.Die Hauptstadt endlich hinter uns, lotst uns eine kurvige Strasse bergauf, mitten in die Wolken hinein. Die Strecke führt den Hängen der Vulkane Irazu und Turrialba entlang und bietet laut Reisehandbuch bezaubernde Ausblicke, doch diese bleiben uns heute leider vergönnt. Immer wieder schüttet es wie aus Eimern und die Fahrbahn ist kaum auszumachen. Obendrein ist die Asphaltdecke vielerorts aufgebrochen – tückisch die Schlaglöcher, so gross wie Autoreifen. Ich bin dankbar, sitzt Roland am Steuer…
Alajuela – das Eingangstor zu Costa Rica
Es ist Mitte April. Der erste Tag in Zentralamerika begrüsste uns gestern mit heiterem Sonnenschein. Das Hotel Buena Vista oberhalb Alajuela erwies seinem Namen alle Ehre und bot vom tropischen Garten die versprochene gute Aussicht: über die Stadt bis hin zu den umliegenden Bergketten. In Alajuela befindet sich der Flughafen von San José, wo wir abends zuvor landeten. Der zwölfstündige Nonstop-Flug mit Edelweiss war angenehm, dank der geringen Auslastung wegen Corona konnten wir uns breit machen. Obwohl unsere innere Uhr Mitternacht schon längst überschritten hatte, blieb es draussen taghell, liegt Costa Rica zeitlich acht Stunden hinter der Schweiz.
Etwas müde rafften wir uns für erste Besorgungen auf. Vom Dorf Pailas gondelten wir mit dem öffentlichen Bus hinunter ins Stadtzentrum von Alajuela. Mehrmals von Erdbeben heimgesucht, ist von der Architektur der vergangenen Jahrhunderte nur wenig erhalten. Aus der Kolonialzeit stammt die weisse Kathedrale mit der roten Wellblechkuppel, die sich am Rande des zentralen Parks erhebt. Der schattige Parque Central war zur Eindämmung des Coronavirus mit Plastikbändern abgesperrt – die Menschen versammelten sich allerdings rundherum. Geld abgehoben und eine lokale SIM-Karte erstanden, sassen wir erneut im stickigen Bus. Der Schweiss lief, die vorgeschriebene Gesichtsmaske war eine Qual…
Dauerregen in Santa Cruz de Turrialba
Erleichtert atme ich auf, als wir heil unser erstes Etappenziel erreichen. Die Guayabo Lodge bei Santa Cruz de Turrialba liegt auf rund 1500 Höhenmetern, die Temperatur ist weit unter zwanzig Grad gesunken. Während draussen der Regen unaufhörlich auf das Kunststoffdach trommelt, wärmen wir uns an einem späten Mittagessen. Die Unterkunft liegt auf einem beachtlichen Anwesen an den Hängen des Volcan Turrialba. Mit 3340 Metern Höhe ist es der zweithöchste Vulkan Costa Ricas. Im Jahre 2015 und 2016 brach er mehrmals aus, seine hohen Aschewolken beeinträchtigen sogar den Flugverkehr. Frustriert gucken wir aus dem Fenster. Es juckt uns in den Füssen und wir hätten Lust und Elan, etwas zu unternehmen. Aber alles ist grau in grau, man sieht nur wenige Meter weit.
Es blitzt und donnert, die ganze Nacht. Frühmorgens mischt sich das Zwitschern der Vögel unter das Prasseln des Regens. Bald übertönen die Wassermassen jedoch das muntere Vogelkonzert. Das Bild draussen ist unverändert, noch immer wissen wir nicht, wie die Umgebung ausschaut. Beim Frühstück meint der aufgeschlossene Gastwirt mit gerunzelter Stirn: „Ich mag mich nicht erinnern, dass es in den letzten Jahren einst so heftig und anhaltend geregnet hat. Letzte Nacht war beängstigend und der Bach ist über die Ufer getreten.“ Seine Frau erwähnte gestern, dass die Regenzeit dieses Jahr frühzeitig eingesetzt hat. Wir stellen uns auf einen Ruhetag ein. Immerhin ist es hier gemütlich. Grosse Fenster gewähren Blick auf die saftig grünen Pflanzen und bunten Blumen, die einzigen Farbtupfer. Auf der überdachten Veranda verbringen wir im Faserpelz trotz Regen ein paar Stunden an der frischen Luft.
Gegen Abend lichten sich erstmals die Nebelschwaden und wir können die umliegenden Bergzüge ausmachen. Am nächsten Morgen ist das Unwetter Geschichte und vormittags blinzelt die Sonne scheu hinter Restwolken hervor. Nach ein paar Schritten durch den prächtigen Garten, wagen wir den Ausflug zum Monumento Nacional Guayabo, der grössten archäologischen Stätte des Landes. Ein Rundweg führt zu rätselhaften Ausgrabungen, meistens durch den für diesen Landstrich typischen Feuchtwald. Archäologen nehmen an, dass hier vor rund einem Jahrtausend ein Urvolk lebte. Erhalten sind einige Steinfundamente ehemaliger Häuser, grosse Teile der präkolumbischen Siedlung sind allerdings nicht freigelegt. Es tut gut, endlich die Beine zu vertreten – das Nationalmonument lohnt sich für uns vorwiegend des Naturerlebnisses wegen.
Beschauliches Orosi – mit Vulkanblick
Mittags geht unsere Reise weiter. In vielen Kehren hinab ins Tal nach Turrialba und von der geschäftigen Provinzstadt weiter nach Orosi, vorüber an Zuckerrohrfeldern. Im Valle Central, wie sich das Hochtal nennt, ist alles üppig grün – kein Wunder nach den ergiebigen Niederschlägen. Das Zentraltal liegt auf einer Höhe zwischen 1000 und 1500 Metern, eingebettet zwischen Vulkankordillere und den nördlichen Ausläufern der Cordillera de Talamanca im Südosten. Gut die Hälfte der rund fünf Millionen Costa Ricaner lebt in diesem fruchtbaren Hochland, wo sich auch die grössten Städte – San José, Alajuela, Cartago und Heredia – befinden. Das vulkanische Land ist äusserst fruchtbar und ganzjährig herrschen gemässigte Temperaturen um die 23 Grad – merklich kühler als im Tiefland. Das erkannten schon die ersten Spanier, die sich ab Mitte des 16. Jahrhunderts hier ansiedelten. Der wirtschaftliche Aufschwung kam im 18. Jahrhundert durch die steigende Nachfrage von Kaffee in Europa. Das „schwarze Gold“ gedeiht hier hervorragend und ist auch heute noch das wichtigste Exportgut des Valle Central.
Orosi ist ein beschaulicher Ort. Unser Nachtquartier befindet sich im Dorfzentrum und entzückt uns bereits, als wir das Auto parken. Durch das süsse Café, wo es nach leckeren Backwaren duftet und Bilder von einheimischen Künstlern die Wände zieren, gelangt man zu einer Handvoll charmanten Zimmern. Das kleine Gästehaus im Kolonialstil ist liebevoll gestaltet und die Stühle auf der Veranda laden zum Verweilen ein. Erst bummeln wir jedoch durch die friedlichen Strassenzüge und bewundern die weisse Kirche, deren Turm zum blauen Himmel strebt. Es ist das älteste noch erhaltene sowie genutzte Gotteshaus und stammt aus dem Jahre 1743.
Unverhofft fängt es beim Abendessen in Strömen zu regnen an. Wohlweislich haben wir den Schirm mitgetragen, ja überhaupt ins Reisegepäck gestopft. Trotzdem kommt uns das Gewitter völlig ungelegen, steht später ein Fahrzeugtausch an. Die Autoübernahme vor zwei Tagen ging zwar reibungslos vonstatten, doch schon bald liess uns ein Quietschen der Kupplung aufhorchen, was wir heute sicherheitshalber dem Vermieter meldeten. Dass dieser veranlasste, das Vehikel unverzüglich auszutauschen, hätten wir nicht erwartet. Die stockdunkle Nacht ist längst hereingebrochen und es giesst noch immer, als unser Ersatzauto ankommt. Alles geht ruckzuck. Hoffentlich haben wir nichts unterschrieben, was wir später bereuen werden…
Hähne krächzen, Hunde bellen aufgeregt. Erste Sonnenstrahlen schmuggeln sich ins Schlafgemach. Der Morgenhimmel ist klar. Vom Balkon der Orosi Lodge präsentiert sich ein freier Blick auf die Vulkane Irazu und Turrilba. Der Volcan Irazu ist Costa Ricas höchster Feuerberg und misst stolze 3432 Meter. Auch beim köstlichen Frühstück im Café lässt sich weiterhin den unberechenbarsten Vulkan des Landes betrachten. Sollen wir da hoch? Bei guter Sicht kann man von oben beide Ozeane ausmachen, den Atlantik und den Pazifik. Noch sind wir hin- und hergerissen. Die frühen Morgenstunden eignen sich am besten, aber selbst bei schönstem Wetter ist der Krater meist geschwind von Wolken verdeckt. Leider öffnet der Nationalpark erst morgens um acht und nicht schon bei Tagesanbruch um fünf. Zudem muss im Voraus online ein Zeitfenster gebucht werden. Auch ist Wochenende, dann sei der Besucherandrang gross. Als beim letzten Bissen bereits fette Wolkenschwaden über die Vulkankette kriechen, seufze ich wehmütig: „Sparen wir uns das Geld sowie die Anfahrt von über einer Stunde.“
Im Tal beglückt uns nach wie vor Sonnenschein und wir brechen stattdessen zu einer dreissig Kilometer langen Rundfahrt um das landschaftlich reizvolle Orosital auf. Erst jetzt können wir unseren neuen Wagen tatsächlich in Augenschein nehmen. Wir freuen uns am besseren Reifenzustand und hoffen, dass der Motor selig schnurrt. Zahlreiche Ticos – wie sich die Costa Ricaner nennen – sind an diesem Samstagmorgen sportlich mit dem Bike unterwegs, ihre eng anliegenden Trikots glänzen in der knallenden Sonne. Beim Mirador Orosi sind wir hingegen die einzigen. Obschon wir an der frischen Luft sind, heisst es: Maske auf. Hände desinfizieren. Und pflichtbewusst misst uns der Uniformierte am Eingang Fieber, auch müssen wir uns in einem grossen Buch eintragen. Obwohl sonst vieles nicht wenig kostet, verlangt hier erstaunlicherweise keiner Geld.
Der Aussichtspunkt ist in eine grosszügige Anlage mit überdachten Picknicktischen und Kinderspielplatz integriert. Ticos lieben das gesellige Beisammensein mit Familie und Freunden. Hingerissen lassen wir unseren Blick über den Cachi-See und die sanft geschwungene Hügellandschaft schweifen, wo sich Fincas an die steilen Hänge schmiegen. Die Kirchenruine von Ujarras ist ein nächster Halt wert. Die Überbleibsel der ersten Kirche Costa Ricas aus dem 17. Jahrhundert stehen unter Denkmalschutz und sind heute ein wichtiges Wallfahrtszentrum. Vorbei an kleinen Dörfern beim Lago de Cachi angekommen, finden wir ein Plätzchen, das einen fantastischen Blick über den im Sonnenlicht schimmernden Stausee bietet.
Es ist Mittag. Inzwischen ballen sich Wolken am Himmel. Genüsslich schlemmen wir in „unserem“ schnuckeligen Café ein Stück Kuchen, bevor wir die Weiterreise südwärts unter die Räder nehmen. Die Bergwelt des Talamanca-Massivs ist von schwarzen Wolken dicht umhüllt. Auf der Panamericana herrscht reger Verkehr. Kurvenreich steigt die Strasse allmählich an, und ehe wir uns versehen, befinden wir uns mitten im Nebel. Von einem auf den anderen Moment peitscht uns Regen entgegen, wie wenn einer die Dusche voll aufgedreht hätte. Gewaltige Wassermassen kommen von oben – einmal mehr unglaublich. Selbst im schnellsten Modus können die Scheibenwischer wenig ausrichten, man sieht fast nichts mehr. Wenigstens kann sich Roland vage an den anderen Autos orientieren, sofern diese ihre Scheinwerfer überhaupt angeworfen haben. Dank dem sich auch Lastwagen über die zahllosen Kurven bergauf quälen, geht es gemächlich voran. Als der Sturzregen nachlässt, lässt auch unsere Anspannung nach. Das Wetter erscheint uns beinahe freundlich, trotz anhaltendem Regen. Kurz vor dem höchsten Punkt der Panamericana, schwenken wir von der Fernstrasse ab. Dichte Vegetation täuscht darüber hinweg, dann wir uns mittlerweile auf 3000 Metern befinden.
San Gerardo de Dota – im märchenhaften Nebelwald
Eine holprige Strasse windet sich steil bergab nach San Gerardo de Dota. Im kleinen Bergdorf verteilen sich viele Unterkünfte. Die Gegend ist berühmt für den Gebirgsvogel Quetzal mit seinem smaragdgrünen Gefieder und den langen Schwanzfedern. Die angesteuerte Dantica Lodge befindet sich mitten im Nebelwald. Verschiedene Bungalows wurden auf bestehenden Waldlichtungen errichtet und liegen weit auseinander. Unser Häuschen schmiegt sich als letztes an den steilen Hang und der Fussweg zum Restaurant misst fast 500 Meter – eine Zufahrt mit dem Auto ist nicht möglich. Flink buckelt ein Angestellter unser Gepäck. Gespannt auf unser neues Daheim, eilen wir hinterher.
Wow! Die raumhohe Fensterfront nimmt die ganze Zimmerlänge ein und die Aussicht ist umwerfend. Nebelverhangene Bergrücken beherrschen das mystische Bild. Hin und weg schauen wir uns auch im geschmackvoll dekorierten Zimmer um, und merken erstmals nicht, dass es hier drinnen kaum wärmer ist wie draussen, wo auf 2650 Metern kühle zwölf Grad herrschen. Mit der Heizfunktion der Klimaanlage wird es nur langsam etwas wärmer. Doch wir geniessen es trotzdem, staunen – und planschen. Der Whirlpool im Bad verschafft uns eine Wohlfühltemperatur und wartet mit demselben Ausblick auf, zumindest bevor die Fensterscheiben beschlagen. Aufgewärmt machen wir uns mit Regenjacke und Schirm auf den zehnminütigen Spaziergang durch den Wald zum Restaurant. Flammen züngeln in den Cheminées und das kleine Lokal versprüht eine romantische Atmosphäre. Zum leckeren Essen gönnen wir uns ein Glas Rotwein, und fallen danach glückselig ins weiche Bett. Die Vorhänge ziehen wir absichtlich nicht…
Kurz nach fünf wird es hell. Der Wald erwacht, wir ebenso. Mitten im abgeschiedenen Grünen aufzuwachen, ist ein wunderbares Gefühl. Auch vom Bett aus lässt sich das Panorama bestens würdigen. Privatsphäre, Komfort und Behaglichkeit mitten in der Natur. Der Himmel ist fast wolkenlos. Unter der flauschigen Bettdecke ist es mollig warm, trotz zwölf Grad Zimmertemperatur. Trotzdem zwingen wir uns bald aus den Federn und schon um sechs sind die Wanderschuhe geschnürt. Denn: Es ist höchst ungewiss, wie lange die Sonne lacht.
Ein fünf Kilometer langes Netz an ausgeschilderten Wanderwegen schlängelt sich durch das private, steile Gelände. Noch ist es kühl und feucht. Die Pfade sind mit nassem Laub übersät. Hellgrünes Moos ummantelt Baumstämme oder hängt im Geäst, alpine Pflanzen schlingen sich ineinander. Typisch für den märchenhaften Nebelwald sind auch Epiphyten, die auf den Ästen der immergrünen Bäume sitzen. Nebelwälder sind häufig von dichtem Wolkennebel umgeben; dieser entsteht, wenn feuchtwarme Winde der Karibik in den kälteren Höhenlagen kondensieren. Deshalb herrscht hier eine nahezu hundertprozentige Luftfeuchtigkeit. Es tropft von oben, die Blätter sind glänzend nass. Vögel spotten wir nur vereinzelt, sanftes Pfeifen bestätigt jedoch ihr Vorkommen. Auch der sagenumwobene Quetzal bleibt uns verborgen.
Inzwischen sind wir unten beim rauschenden Fluss angekommen. Der Sonnenschein ist weg, um halb acht ist es bereits bewölkt. Dennoch bringt uns der Aufstieg ins Schwitzen, auch der Wald dampft. Nach zweieinhalb Stunden kehren wir hungrig zurück und vertilgen mit Appetit das Morgenessen. Unerwartet spenden daraufhin wieder vereinzelte Sonnenstrahlen behagliche Wärme. Zufrieden setzen wir uns auf unsere Veranda. Besucht uns nicht gerade für ein paar Sekunden ein Kolibri, staunen wir über die riesigen Eichen, die aus dem Kronendach herausragen. Die Bergflora unterscheidet sich stark von der Pflanzenwelt in den tiefer gelegenen Wäldern. Mittags verdunkelt sich das Himmelsdach bedrohlich und öffnet daraufhin verlässlich seine Schleusen, so dass wir den Nachmittag in unserer guten Stube verstreichen lassen. Am nächsten Tag wiederholt sich das unberechenbare Wetterspiel. Rasche Wetterumschwünge sind hier an der Tagesordnung, schliesslich befinden wir uns auf Säntishöhe.
Zurück auf der Panamericana. Je höher wir kommen, desto kälter wird es. Kurve um Kurve nähern wir uns dem höchsten Punkt, dem Cerro de la Muerte, dem berühmt-berüchtigten Todesberg auf 3419 Metern. Der schaurige Name stammt noch aus Zeiten, als es hier keine Strasse gab. Von San José aus dauerte der Fussmarsch damals zwei Wochen und viele Menschen kamen bei Unwettern oder kalten Nächten ums Leben. Auch heute hat der Name noch seine Berechtigung, machen scharfe Kurven und riskante Überholmanöver diesen Abschnitt der Panamericana zu einer gefährlichen Strasse, auch wenn diese asphaltiert und in gutem Zustand ist – keine Selbstverständlichkeit in Costa Rica. Kein Schild macht auf die Passhöhe aufmerksam, schon rollen wir bergab. Die grasgrüne Vegetation ist wie einem Märchen entsprungen, die völlig überwachsenen Büsche muten wie gewellte Teppiche an. Rasch gelangen wir tiefer, und plötzlich ist es sonnig und heiss. Innert Kürze klettert das Thermometer von knapp zehn auf dreissig Grad – kaum auszuhalten.
Abstecher nach San Gerardo de Rivas
Die Stadt San Isidro auf 700 Metern ist ein lebhafter Verkehrsknotenpunkt. Wir schwenken nach San Gerardo de Rivas ab, das wiederum höher, auf 1350 Metern liegt. Der kleine Ort ist der Ausgangspunkt für eine Besteigung des Cerro Chirripó. Mit 3820 Metern ist er der höchste Gipfel Costa Ricas und gleichzeitig die höchste Erhebung zwischen den Vulkanen Guatemalas und den Anden. Doch so hoch wollen wir nicht hinaus – wir geben uns mit einem Blick auf das Gebirgsmassiv zufrieden. Doch jetzt am frühen Nachmittag ist es grau verhangen. Wen wunderts? Uns nicht – nicht mehr.
Soeben ein schlichtes, rustikales Häuschen des Berghotels bezogen, fängt es obendrein endlos zu regnen an. Darum fällt sogar die Erkundung des grossen Gartens mit Orchideen, Bromelien und Helikonien ins Wasser. Erneut bleibt viel Zeit, den Reiseführer zu studieren, was uns in der Heimat nicht mehr möglich war. Angesichts der nach wie vor unsicheren Lage wegen Corona, fiel die Wahl des Reiseziels zehn Tage vor Abreise: Costa Rica, eines der wenigen möglichen Fernziele mit vernünftigen Einreisebestimmungen. Kurzfristig haben wir also den Flug, das Allradfahrzeug und die ersten sieben Nächte gebucht. Heute waren wir das erste Mal auf Achse, ohne zu wissen, wo genau wir nächtigen, und sind spontan hier aufkreuzt. Es hat geklappt, denn viele Touristen sind momentan nicht unterwegs. Doch in dieser aussergewöhnlichen, schwierigen Zeit, ist nicht nur mit freien Zimmern, sondern auch mit geschlossenen Unterkünften zu rechnen.
Neuer Morgen, neues Wetterglück? Beim Frühstück geniessen wir immerhin sagenhaften Bergblick auf die Talamanca-Gebirgskette mit dem alles überragenden Cerro Chirripó. Der etwa achtstündige Aufstieg auf den höchsten Berg bedarf zwar kein besonderes technisches Können, aber Kondition, um die 21 Kilometer und 2600 Höhenmeter zu schaffen. Obwohl jährlich mehrere Tausend Gipfelstürmer anreisen, hat San Gerardo de Rivas seinen ruhigen und ländlichen Charakter bewahrt, grosse Hotels gibt es keine. Ein friedlicher Streifzug durch den Wald und zu einem Aussichtspunkt rundet unsere erste Woche in Costa Rica ab, bevor wir uns von den höheren Gefilden verabschieden und den Pazifik anpeilen…
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