Zanzibar – schneeweiss und türkisblau
In den warmen Gewässern des Indischen Ozeans, vor der Ostküste Afrikas, liegen Inseln, die durch den Anbau von teuren Gewürzen zu Weltruhm gelangten. Im 19. Jahrhundert galt die Inselgruppe weltweit als grösster Produzent von Gewürznelken. Auch heute noch verströmt ihr Name Exotik – Zanzibar. Als halbautonomer Teilstaat der Republik Tanzania ist Zanzibar innenpolitisch weitgehend unabhängig und die Kultur und Lebensweise auf den muslimisch geprägten Inseln unterscheidet sich deutlich vom Leben auf dem Festland.
Noch erwachen wir auf dem Festland… Dar es Salaam – eine Millionenstadt, die grösste Stadt Tanzanias, nicht aber die Hauptstadt. Einmal aus dem Hotel gestolpert, finden wir uns inmitten des Geschehens. Sofort fängt uns das hektische Gewusel der Grossstadt ein – chaotischer Verkehr, stinkende Abgaswolken, hässliche Strassenzüge, lärmende Baustellen. Überall versperren parkierte Autos den Weg, auch sind wir stets auf der Hut, nicht in eines der Löcher der schmalen Gehsteige zu fallen. Aber zum Glück ist unsere To-Do-Liste schnell abgearbeitet – Bargeld beschaffen, Rasierschaum für den Herr kaufen (was Frau auch beglückt) und für morgen ein Fährticket nach Zanzibar erstehen. Schweissgebadet flüchten wir zurück ins Hotel, wo wir den Nachmittag unter der wohlkühlenden Klimaanlage verstreichen lassen…
Auf die Minute pünktlich legt die Fähre ab. Der moderne Katamaran ist zügig unterwegs und benötigt für die Strecke von 50 Kilometern lediglich eineinhalb Stunden. Aber die Fahrt ist verhältnismässig kostspielig, denn für uns Ausländer wird in der günstigsten Klasse 70 Dollar für uns beide verlangt – eben so viel wie für das Erstklassabteil der 28-stündigen Zugfahrt mit der Tazara. Beim ersten Wellengang sind bereits einige Passagiere von Übelkeit geplagt, grosszügig werden Kotztüten verteilt. Die restliche Fahrt über das offene Meer in Richtung Norden verläuft dann aber erstaunlich ruhig. Bei Ankunft auf Unguja, der Hauptinsel von Zanzibar, werden wir durch die Immigrationshalle geschleust, wo wir Pass sowie internationaler Impfausweis mit Gelbfieberimpfung vorlegen müssen. Die lästige Gepäckinspektion der Zollkontrolle umgehen wir möglichst unauffällig – niemand merkt es oder den Beamten ist es egal. Zu Hauf stehen Taxis bereit und wir lassen uns von Zanzibar-Stadt direkt in den Nordosten der etwa 80 Kilometer langen Insel chauffieren.
Nach einer malerischen Fahrt quer über das grüne, fruchtbare Eiland erreichen wir in einer knappen Stunde Matemwe. Das traditionelle, ruhige Dorf lebt vorwiegend vom Fischfang. Am langgezogenen Strand liegt ein Fischerboot neben dem anderen. Gemächlich spazieren wir dem puderfeinen Sandstrand entlang. In der gleissenden Mittagssonne ist der Sand blendend weiss, ich meine, meine Sonnenbrille nicht aufgesetzt zu haben. Das Meer leuchtet von dunkelblau, über türkis bis grünlich, je nach Tiefe und Untergrund. Unzählige Kokospalmen säumen den Strand, die vielen Unterkünfte liegen meist etwas versteckt im Grünen. Nur selten werden wir von sogenannten Beachboys angesprochen, ob wir etwas unternehmen möchten oder ein Taxi benötigen. Aber meist wird man hier in Ruhe gelassen, weitere Touristen treffen wir nur vereinzelt an. Wir könnten stundenlang Schlendern, wäre es nicht brütend heiss. Immerhin weht zum Glück ein Lüftchen, aber trotzdem schmoren wir im eigenen Saft…
Unsere Oase liegt leicht erhöht am Strand – wir fühlen uns auf Anhieb sehr wohl. Herzlichst wurden wir empfangen und haben uns umgehend in das einfache, aber schmucke Bungalow verliebt. Die Anlage verfügt nur über ein Dutzend Zimmer, ist also klein und überschaubar. Dennoch sind die Hütten um einen grosszügigen, tropischen Garten angeordnet, beim Swimming Pool gibt es Liegen unter Sonnenschirmen, beides aus Naturmaterialen gefertigt. Im Restaurant werden uns leckere, lokale Gerichte, oft angereichert mit Kokosnuss, angeboten. Was das Meer hergibt, landet auf dem Teller, so verwöhnen wir unsere Gaumen mit fangfrischem Fisch. Ob von der Veranda des Bungalows oder vom Liegestuhl, das Meer bleibt immer im Blickfeld. Wir haben eine gute Wahl getroffen, sind happy – wie Ferien fühlt es sich an!
Langsam kämpft sich das Tauchboot durch die hohen Wellen, das hölzerne Schiff schaukelt herzhaft. Erst in der Nähe der Korallenriffe verhält sich das Wasser ruhiger, eine Wohltat für unser Befinden. Rund um Mnemba Island, einer Matemwe vorgelagerten Insel, finden sich die angeblich besten Tauchgründe von Zanzibar. Mnemba Island ist eine Privatinsel mit einem Luxushotel – ein Spielplatz der Berühmten und Reichen, wo eine Nacht rund 3000 Dollar kostet. Die kleine Insel darf nicht betreten werden, das Tauchen an den umliegenden Riffen ist jedoch gestattet. Das Wasser des Indischen Ozeans schillert türkisblau, schlichtweg ein Traum. Unser junger Tauchguide Rama ist freundlich und professionell, stets zum Lachen aufgelegt. Zusammen stürzen wir uns ins klare, lauwarme Meer, tauchen ab in die Unterwasserwelt. Wow, unsere ersten Tauchgänge verwöhnen uns reichlich – nebst wunderschönen Korallen machen wir Bekanntschaft mit riesigen Fischschwärmen, grossen Barschen, einem gut getarnten Krokodilfisch, winzigen bunten Schäggli und einem kleinen, uns umkreisenden Adlerrochen. Unsere Taucherlust ist geweckt…
Nach einem Ruhetag sind wir wieder auf Kurs in Richtung Korallenriff. Rama schmunzelt verlegen: “Ihr verbraucht so wenig Luft, verfügt wohl wie Fische über Kiemen”, und schallt sich eine grössere Pressluftflasche um. Erst glauben wir an einen Scherz, aber unser Tauchguide scheint tatsächlich kräftig aus der Flasche zu saugen. Zwischen den zwei Tauchgängen von jeweils einer Stunde tischt uns die Bootscrew eine grosse Platte frisch aufgeschnittener tropischer Früchte auf. Am dritten und letzten Tauchtag begleitet uns Abdul auf unserer Entdeckungsreise unter Wasser. Wir gleiten über fantastische, grosszügig mit Weich- und Hartkorallen bestückte, intakte Riffe. Der Ozean ist mit 30 Grad angenehm warm, was wir beim Tauchen lieben. Am heutigen Tauchplatz treffen zwei verschiedene Strömungen aufeinander, von einem Moment auf den anderen finden wir uns frierend, das Wasser fühlt sich plötzlich eiskalt an. Unseren Tauchcomputern, die nun 27 Grad anzeigen, können wir kaum Glauben schenken – erstaunlich, was diese drei Grad ausmachen.
“Wo ist denn nur das Tauchboot?”, fragen wir uns. Auch Abdul schaut nach Beenden unseres Tauchgangs etwas nachdenklich aus der Neopren-Wäsche. In der Ferne macht er schlussendlich unser Schiff aus, wundert sich, warum es sich stets noch weiter von uns entfernt. Auf sein Winken und Pfeifen reagiert keiner – beruhigend zu wissen, dass uns die Flut irgendwann an Land und nicht hinaus ins offene Meer spülen würde. Abdul hält ein vorbeibretterndes Boot an, bittet, unsere unaufmerksame Crew entsprechend zu informieren. Bald werden wir vom Planschen an der Wasseroberfläche erlöst und knattern einem schneeweissen Sandstrand entgegen. Zur Zeit ist Ebbe, der Wasserstand in der Lagune für den Heimweg mit dem Boot zu tief. So holt uns ein Fahrzeug weiter im Norden ab und bringt uns in einer Rüttelpartie zur Tauchbasis zurück.
Sanft streift der Wind durch die Palmwedel, berührt unsere Haut mit einer angenehmen Brise. Dezente Klänge des rufenden Muezzins wehen uns entgegen. Einmal mehr geniessen wir die Ruhe im erholsamen Tropengarten unseres Daheims. Längst nicht alle Bungalows sind besetzt, manchmal sind wir sogar allein. Bereits über eine Woche ist um, wir gewöhnen uns an unseren Inselrhythmus – Baden, Lesen, Blog, Liegestuhl, Reiseplanung, Baden, Strandspaziergang. Ein letztes Mal schlendern wir am späten Nachmittag dem Strand entlang – die Sonne versprüht ein mildes Licht. Mit dem Hereinkommen der Flut kehren die Fischer mit ihren Auslegerbooten zurück, der Wind bläst ihre hellen Segel auf und mit Tempo düsen sie an uns vorbei. Im Sand befreien Männer ihren Fischfang vom Schuppenkleid. “Jambo”, begrüssen uns die spielenden Kinder fröhlich. Wir lassen den Tag bei einem Drink mit Blick aufs Meer ausklingen, werden etwas wehmütig, wenn wir an die morgige Abreise denken. Asante sana – vielen Dank für die wundervollen Tage an Strand und Meer – schneeweiss und türkisblau.
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